Lebensmittelindustrie und künstliche Ernährung

Ausgabe: 1989 | 2

Spricht man im Zusammenhang mit deftiger Hausmannskost von »Liebe, die durch den Magen geht«. so lautet das Urteil über die von der Ernährungsindustrie hergestellten Lebensmittel, die immerhin mehr als 60 0/0 der Nahrung ausmachen: "Chemie, die durch den Magen geht. Im Schlaraffenland des Supermarkts nimmt die kritische Analyse dieser Nahrungsmittel ihren Anfang. Die Skandale der vergangenen Jahre (Hormone im Kalbfleisch, Frostschutzmittel im Wein und krebsverdächtige Lösungsmittel im Olivenöl) sind dabei nur die Spitze des Eisbergs. "Nur wer weiß, was mit unserer Nahrung geschieht, wird sich künftig wehren können. Er sollte wissen, was auf ihn zukommt: Ein Blick in die Rezepte, die Konzerne zum Patent anmelden, lehrt, was Gewinn verspricht für die Zukunft. Der Blick auf diese  “Traumpatente " regt den Appetit nicht gerade an - die Lebensmittelchemiker bitten zu Tisch. Tischt die Ernährungsindustrie auf, so ist das vorliegende Buch die passende ”Anti-Speisekarte ". die darüber informiert, mit welch raffinierten Methoden die Grundnahrungsmittel ausgepreßt, umgeformt, mit Farben, Aromen und Konservierungsstoffen zu neuen Produkten zusammengesetzt werden. Daß auch das Auswahlkriterium ”Aroma" bzw. "Geschmack ein trügerisches ist, wird spätestens nach Lektüre des Kapitels "Aroma für die Welt" klar. "Simulierte Lebensmittel verdienen das Prädikat ,maßgeschneidert' erst dann, wenn auch ihre Aromaqualität der des traditionellen Erzeugnisses angepaßt wurde". tönt es da aus dem Munde eines Fachmanns. Dieser Trend trifft hauptsächlich die Landwirtschaft, deren Rolle vor allem darin besteht, Rohstoffe zu liefern - sei es die ”chipsgerechte" Kartoffel oder die ideale Tiefkühlerbse. Der stellenweise sarkastische Ton der Autoren hilft, die Informationen einigermaßen zu verdauen. "Was können wir noch essen?". ist nicht nur der Stoßseufzer so manchen Lesers, sondern auch das Thema des Abschlußkapitels: Prinzipien der Vollwert-Ernährung finden dabei nicht nur in praktischen Empfehlungen ihren Niederschlag, sondern die Autoren propagieren auch dessen Umwelt- und Sozialverträglichkeit als Prüfungskriterien für das gesamte Ernährungssystem. Eine Adressenliste und ein Glossar der Lebensmittelinhaltsstoffe runden die vorliegende Analyse ab, die Nahrungsmittelindustrie und -politik "rund um den Tellerrand beleuchtet.

Klopfleisch, Reinhard; Maywald, Armin: Es ist angerichtet! Wie die Lebensmittelindustrie uns künstlich ernähren will und wie wir uns gegen synthetische Kost wehren können. Hamburg: Rasch und Röhring, 1989. 240 S.