Ausgehend von den viel beachteten Thesen Ulrich Becks über die "organisierte Unverantwortlichkeit" als Phänomen der "Risikogesellschaft", setzten sich Naturwissenschaftler, Soziologen, Psychologen u.a. in einer Ringvorlesung an der Universität Heidelberg mit dem Risikobegriff auseinander. Nach einer Einführung von Beck beschäftigen sich J. Hüfner und M. Schmidt mit der Definition und Bewertung bzw. der Qualifizierung von Risiken im Umwelt- und Technikbereich. Dabei wird u.a. deutlich, dass im Falle seltener Ergebnisse, wie sie gravierende Pannen im Bereich der Atomwirtschaft darstellen, nicht von Risiken, sondern schlicht von Ungewissheit zu sprechen wäre. Vorwiegend (versicherungs)wirtschaftliche, technische und politische Aspekte werden im zweiten Abschnitt diskutiert. So erläutert beispielsweise H. Utzelmann, durch welche sicherheitstechnische Verfahren menschliches Versagen reduziert werden kann, ohne dass damit des Menschen Recht auf Irrtum selbst in Frage gestellt wird. Die nach Tschernobyl zu konstatierende "atomare Gelassenheit" sowie der beobachtbare "Auszug aus dem Gehäuse der Hörigkeit" sind Gegenstand der Ausführungen H. Keupps, ehe zwei Beiträge (G.W Sauer, G. Altner) die Dimension der ethischer Verantwortbarkeit technologischer Megasysteme ins Zentrum rücken. Allgemeiner Konsens besteht darin, dass die soziale Dimension gesamtgesellschaftlich vertretbaren Risikos von Naturwissenschaftlern nicht eingebracht werden kann, da selbst das differenzierteste Modell nur quasiobjektiv ist und nur einen Teilbereich der Wirklichkeit erfasst. In seinem, dass Thema ausweitenden Beitrag setzt R. Jungk abschließend auf die Überwindung des industriellen "Zeitgefängnisses", indem wir zwar mit Akribie nach der Definition von Risiken trachten, aber doch keineswegs sicherer leben.
Leben in der Risikogesellschaft. Der Umgang mit modernen Zivilisationsrisiken. Schmidt, Mario (Hrsg.). Karlsruhe: C. F. Müller, 1989. 271 S., (Alternative Konzepte; 71) DM 19,80 I sFr 16,80 I ÖS 154,40