Modernisierungspolitik am Ausgang des 20. Jahrhunderts

Ausgabe: 1990 | 1

Galten wissenschaftlich-technischer und sozialer Fortschritt lange Zeit als Synonyme, so ist dieser gesellschaftliche Konsens zumindest seit Ende der siebziger Jahre gebrochen. In Anbetracht anhaltender Massenarbeitslosigkeit und wachsender ökologischer Krisenerscheinungen ist die legitimatorische Basis industrieller Produktion reduziert. Vor diesem Hintergrund sind geänderte Struktur- und Rahmenbedingungen und deren gesellschaftliche Folgen Gegenstand dieses Titels. Vielfalt und Intensivierung der Produktion bei gleichzeitiger "Vitalisierung des bürgerlichen Arbeitsethos und der Heroisierung des Unternehmers" sind auf der einen Seite festzustellen. Andererseits hat der rasante Anstieg des Robotereinsatzes - zwischen 1984 und 1987 in Japan von 44000 auf 106000, in den USA von 13000 auf 30000 und in der BRD von 6600 auf 14900 zwar die Produktqualität erhöht, das Heer der Langzeit- und Jugendarbeitslosen aber nicht reduziert: die Quote liegt in Belgien bei 69% (!). im europäischen Durchschnitt bei 30%. Im Kampf um Marktanteile im Binnenmarkt sieht Ulrich Hilpert Anzeichen für eine "High-Tech-Falle", die sich im Mangel an Facharbeitern abzeichnet. Mit welchen Strategien im Einzelnen die führenden europäischen Industrienationen, die USA und Japan modernisierungspolitische Manöver vorantreiben, ist Gegenstand der weiteren Beiträge. Als Fazit mag geIten, dass Übereinstimmung über Richtung und Ziel des (gemeinsamen) Fortschritts unter traditionellen ökonomischen Prämissen nicht zu treffen ist. 

Der halbierte Fortschritt. Modernisierungspolitik am Ausgang des 20. Jahrhunderts. Kissler, Leo (Hrsg.) Marburg: SP-Verl., 1989.228 S., DM 24,80/sFr 21 / öS 193,50