Individuum und Natur in der Neoklassik

Ausgabe: 1993 | 1

Wie die drei bereits vorliegenden Bände dieser Reihe, verfaßt von Hans Immler, beschäftigt sich auch dieser Titel mit den Bedingungen der Einführung einer ökologischen Ökonomie. Die entscheidende Forderung einer solchen nachhaltigen Ökonomie besteht darin, Grenzen zu errichten, innerhalb derselben sich alles Wirtschaften abspielen darf. Diese Grenzen müssen die Ökologische Substanz der Erde schützen. Die Studie wendet sich an ein analytisch orientiertes Fachpublikum und denkt dabei „rein theoretisch", um ideologischen Ballast hinter sich zu lassen. Mit profundem Blick analysiert der Autor den Umgang der neoklassischen Ökonomie mit der Natur und beleuchtet an ausgewählten Beispielen die Theorie natürlicher Ressourcen. Im Kapitel „Zukunftsvorsorge" wird das für eine nachhaltige ökologische Ökonomie zentrale Prinzip der "Safe Minimum Standards" (SMS) erläutert. Grundlage dafür ist die Erkenntnis, daß die erwähnten Marktgrenzen eine kollektive Entscheidung voraussetzen und sich nicht aus dem Wirtschaften heraus ergeben. Vielmehr sollte der Markt diese grundlegende Entscheidung in sein Informationssystem aufnehmen und verarbeiten. Der Autor legt die SMS nicht fest, er fordert aber, daß sich bei der Festlegung dieser Grenzen die vorsichtigeren Meinungen durchzusetzen haben. Eine Beweislastumkehr sei notwendig: Nicht nur erwiesenermaßen schädliche Substanzen müßten verboten werden, sondern auch solche, bei denen es nicht in hinreichendem Maße wahrscheinlich ist, daß sie unschädlich sind. Im Bereich des Artenschutzes läuft dies etwa auf die Forderung nach einem Totalschutz des Bestandes hinaus, da eine Artenausrottung irreversibel ist. Die obersten ökologischen Ziele faßt Hampicke unter dem Kürzel" ESH" zusammen. Das bedeutet den Erhalt: von Elementen (Arten, einmaligen Dingen), der Selbstregulationsfähigkeit der Biosphäre sowie des Gleichgewichts in der Biospähre (Homöostase). Als erschreckendstes Beispiel im Bereich der Störung der Selbstregulationsfähigkeit der Erde durch den Menschen nennt der Autor das Ozonloch. Die Lebewesen konnten das Festland erst betreten, nachdem sich dieser Schutzschild entwickelt hatte. Wer also diese Komponente zerstört, wie wir es eifrig tun, zerstört das terrestrische Leben und somit sich selbst. Für Hampicke ist klar, daß nachhaltiges Wirtschaften nicht ohne Verzicht möglich ist. Die Schärfe der notwendigen Einschränkungen ist aber von Problem zu Problem unterschiedlich. Auch erscheint ihm die Marktideologie nicht geeignet zur Erreichung der gesteckten Ziele, vielmehr bedürften wir des kollektiven Einsatzes aller Menschen. Denn: Vom Schutz elementarer Rechte der menschlichen Individuen, insbesondere der schwachen und zukünftigen, leiten sich alles Bemühungen, Prioritäten und Maßnahmen der ökologischen Ökonomie ab. R. M.

Hampicke, Ulrich: Ökologische Ökonomie. Individuum und Natur in der Neoklassik, Natur in der ökonomischen Theorie: Teil 4. Opladen: Westdt. Verl., 1992. 487 S., DM 44,- / sFr 37,30/ öS 343,20