Rutger Bregman möchte das Bild eines Menschen zurechtrücken, das diesen als egoistisch, vorurteilsbehaftet und gewaltbereit einstuft. Der Homo sapiens habe sich, so neue anthropologische Befunde, gegen den Homo neanderthalensis nicht durchgesetzt, weil er stärker war, sondern freundlicher, das heißt auch kooperativer. Die Jäger und Sammler hätten in wenig hierarchischen, friedlichen und vor allem auf Gemeinschaft achtenden Gruppen gelebt. Erst mit der Sesshaftwerdung und der Abgrenzung von Eigentum seien Machthierarchien und Gewalt entstanden.
Der Mensch an sich sei, so Bregman, weiter friedlich und kooperativ geblieben. So gäbe es Befunde, dass wir eine starke Tötungshemmung haben, die sich im Nahkampf zeige. Befragungen von Soldaten des Zweiten Weltkrieges hätten ergeben, dass viele kaum oder über die Köpfe des Feindes hinweg geschossen hätten. Verbrecherisch waren demnach vor allem jene, die an Schreibtischen die Kriegsstrategien ausheckten – weit entfernt vom Kriegsschauplatz. Kriege funktionierten demnach nur durch Unterwerfung, Hörigkeit und Verblendung.
Im Schlussteil bringt Rutger Bregman Beispiele, wie durch veränderte Rahmenbedingungen das Gute in uns Menschen gefördert werden kann. So sei in skandinavischen Gefängnissen, die menschliche Führungsstrukturen umgesetzt haben, die Rückfallquote der Kriminellen fast um die Hälfte gesunken. „Freundlichkeit funktioniert“, fasst der Autor an dieser Stelle seine These prägnant zusammen.
Man darf von dem Buch keine politikwissenschaftliche Abhandlung erwarten. Bregman erzählt eine Vielzahl an Geschichten und ihn interessieren insbesondere sozialpsychologische Studien. Jene, die er hier ausgewählt zitiert, werfen in der Tat ein anderes Bild auf den Menschen. Die Kernthese: Kooperative Strukturen sowie Medien, die vom Gelingen berichten, können viel dazu beitragen, das Zusammenleben freundlicher und friedlicher zu gestalten.
Eines bleibt noch klar zu kritisieren. Bregman geht davon aus, dass wir Verbrechen zukünftig nur verhindern können, wenn wir die Motive derer, die sie begehen, zu verstehen versuchen, was freilich nicht heiße, sie zu rechtfertigen. Genozid sowie das Verbrechen des Holocaust allein mit Verführung, Loyalität oder dem Glauben, für das Richtige einzustehen, zu erklären, greift aber eindeutig zu kurz.