Handlungskonzepte für eine Ökologische Zeitverwendung

Ausgabe: 1997 | 2

"Noch nie war die uns im Durchschnitt verfügbare Lebenszeit so reichlich bemessen wie heute; noch nie waren die zeitlichen Zwänge zur Überlebenssicherung so gering wie heute; noch nie war die mittlere verfügbare Geschwindigkeit so hoch wie heute. Und bei all dem leben wir heutzutage gehetzt wie nie zuvor." So bringt einer der Co-Autoren des Buches, das sich aus mehreren Referaten der im Dezember 1995 im Transferzentrum für angepaßte Technologie in Rheine abgehaltenen Tagung ”Zeitinvestition für die Umwelt - Stand, Möglichkeiten, Visionen", zusammensetzt, die heutige Situation auf den Punkt. Bei aller Knappheit des Faktors Zeit läßt sich feststellen, daß die Beschäftigung mit diesem Phänomen nicht nur im Kontext ökologsicher Fragestellungen an Bedeutung gewinnt. Im Rahmen dieser Überlegungen wurde auch der Begriff ”Zeitinvestition" geprägt. Darunter wird der bewußte Einsatz persönlicher Lebenszeit zur Schonung von Ressourcen und zur Vermeidung einer umweltschädigenden Lebensweise verstanden. Die Bezeichnung "Investition" mag irritieren, doch bei näherem Betrachten wird der Zusammenhang zwischen dem ökonomischen Investitionsbegriff und dem umweltbezogenen Zeiteinsatz deutlich: In unserem Fall wird Zeit zur Verbesserung (oder zumindest Beibehaltung) der Produzierbarkeit im "Unternehmen Umwelt" und damit der Erhaltung der menschlichen Existenz eingesetzt. Da mehr Zeitaufwand nicht automatisch eine größere Schonung der Ressourcen und umweltverträglichere Auswirkungen zur Folge haben muß, wird "Entschleunigung" im Zusammenhang mit dem Begriff der Zeitinvestition nur als mögliche Auswirkung und nicht als Ziel betrachtet. Wie könnte die Idee der Zeitinvestition nun verwirklicht werden? Im kleinen Maßstab kann sie jede(r) Einzelne individuell umsetzen (ob nun am Fahrrad statt im Auto, oder beim streßlosen Heimaturlaub statt im Flugzeug). Global - aber auch lokal - wird dazu ein "Miteinander an einem Strang ziehen" von Stadtplanung, Raumordnung und Verkehrspolitik (z.B. Kostenwahrheit im Verkehr) von Nöten sein. Nur so kann eine Änderung der Infra- und Gesellschaftsstruktur herbeigeführt werden, die etwa das Pendeln zum weit entfernten Arbeitsplatz oder zum Shopping-Center statt zum Nahversorger unterbinden kann. P. M.

Zeit für die Umwelt - Handlungskonzepte für eine Ökologische Zeitverwendung. Hrsg. v. Jürgen P. Rinderspacher. Berlin: Ed. Sigma, 1996. 287 S., DM / sFr 39, - / öS  304,50