Thomas Hertog

Der Ursprung der Zeit

Ausgabe: 2023 | 4
Der Ursprung der Zeit

Der Autor hat 20 Jahre an der Seite des 2018 verstorbenen Stephen Hawking gearbeitet, dem herausragenden Astrophysiker, dem die Kosmologie einige ihrer fundamentalsten Einsichten der letzten Jahrzehnte zu verdanken hat. Das Buch bietet einen Überblick über die Entwicklung der Kosmologie in den letzten Jahrhunderten, ganz speziell seit Entwicklung der Quantenphysik zu Beginn des 20. Jahrhunderts, und macht uns mit dem Vermächtnis von Stephen Hawking vertraut.

Selbst Naturwissenschaft-affine Leser:innen werden in Kauf nehmen müssen, vieles nicht zu verstehen. Dies liegt nicht am Autor, der sich sehr wohl um einen lesbaren Stil bemüht, sondern ist in der Sache selbst begründet: Schwarze Löcher, Multiversum, Relativität und Quantentheorie, Singularitäten, holographische Quantenkosmologie, elfdimensionale Supergravitation und weitere physikalische Konzepte entziehen sich leider der für uns alle so wichtigen Anschaulichkeit.

Das Buch bietet interessante Einblicke, wie durch Theorien und Experimente in der Naturwissenschaft Erkenntnisfortschritt entsteht, inklusive der Möglichkeit des Irrtums. Bemerkenswert, wenn der Autor des meistgekauften Physikbuchs aller Zeiten 14 Jahre später erkennt, dass er „Eine kurze Geschichte der Zeit“ – erstmals 1988 publiziert – „aus der falschen Perspektive“ (S. 233) geschrieben habe. Die Jahre nach 2002 hat Hawking dann darauf verwendet, seinen Blick auf den Ursprung von allem, also auf den Ursprung der Zeit, nicht aus einer „gottähnlichen“ Perspektive zu richten, sondern seine Perspektive umzudrehen: Die zentrale Frage war jetzt nicht mehr, warum die Natur so werden konnte, dass letztlich wir Menschen entstanden (Bottom-up-Ansatz), sondern was die Tatsache, dass und wie wir sind, für das Verständnis des Universums bedeutet (Top-down-Ansatz). Herausgekommen ist eine neue „Quantentheorie des Kosmos, in der Evolution, Randbedingungen und Beobachterschaft in ein einziges kohärentes Vorhersageschema eingebettet sind“ (S. 260), die der Autor dann auf über 70 Seiten im Detail darlegt. Mit dieser „Beobachterschaft“ wird dem Menschen, der jahrhundertelang aus der Physik vertrieben war, wieder ein zentraler Platz zugewiesen, wenn es heißt: „Wir sind Akteure in einem sich fortwährend verändernden Universum. Wir sind die Evolution. Wir müssen den Weg zu einem planetarischen Bewusstsein finden“ (S. 357).