Freizeitmobilität. Umweltverträgliche Angebote und Initiativen

Ausgabe: 1998 | 2

Ob Stadt- oder Einkaufsbummel, Behördenwege, Besuche bei Bekannten, die Fahrt ins Kino, Konzert oder "Grüne", die Begleitung des Kindes zur Musikschule oder der Großmutter zum Arzt - all dies zählt zum Freizeitverkehr. Dieser hat alle anderen Wege quantitativ bereits überholt, und das vor allem per Auto. Über 50% aller zurückgelegten Kilometer entfallen in Österreich mittlerweile auf den Freizeitverkehr, 80% der Kilometer in diesem Sektor sind Autokilometer (in der BRD ist die Lage wohl ähnlich).

Das Auto ist somit nicht nur das nach wie vor dominierende Fortbewegungsmittel zur täglichen Fahrt in die Arbeit, sondern "rund um die Uhr". Das muß und kann sich ändern, so der Tenor einer vom Verkehrsgeographen Karl Regner hauptverantwortlich erarbeiteten Publikation des Verkehrsclubs Österreich. Ein weiteres Argument für den veranschlagten Veränderungsbedarf sind die hohen Unfallkosten: Von den 59 Mia. öS jährlicher Kosten durch Verkehrsunfälle in Österreich fallen 35 Mia. auf Fahrten in der Freizeit.

Da unter Freizeitverkehr sehr viele unterschiedliche Zwecke und Ziele zusammengefaßt werden und er sich zeitlich über den ganzen Tag und auch die Nacht verteilt bedarf es zu seiner umweltfreundlichen Abwicklung freilich weit mehr Phantasie und unterschiedliche Maßnahmen als etwa beim Berufsverkehr, um ein Umsteigen vom Auto auf den Umweltverbund - Gehen, Radfahren, Öffentlicher Verkehr - zu erreichen. Dabei gibt es bereits eine Vielzahl kreativer Versuche und Angebote: Diese reichen von der Eintritts- oder Kurskarte. die als Fahrschein gilt bis zu Eintritts- und Fahrpreisrabatten für ohne Auto Anreisende.

Verkehrsunternehmen bieten in Kooperation mit Veranstaltern Sonderwaggons und Erlebniszüge an, richten während der Veranstaltung Sonderhaltestellen ein oder führen Verstärkerzüge, um große Besucherströme schnell ans Ziel zu bringen. Autofreie Erlebnistage und die Möglichkeit, das Fahrrad in den öffentlichen Verkehrsmitteln zu transportieren, machen Lust. die Umgebung umweltfreundlich zu erkunden. Für Nachtschwärmer haben viele Städte, Tourismusgemeinden und Verkehrsunternehmen Nachtzüge, Nachtbusse oder Anrufsammeltaxis und Discobusse eingeführt. Wo und wie dies bereits umgesetzt wird, zeigt die VCÖ-Publikation an Beispielen aus Österreich und darüber hinaus.

Überall diesen positiven Ansätzen sollte aber nicht aus dem Blick geraten. daß es uns manchmal wohl auch gut täte, gar nicht zu "verkehren" und einfach zu Hause zu bleiben. Denn: Zusehends fahren wir an immer mehr Orte, um immer kürzer an diesen zu verweilen. Die gewonnene mobile Freiheit wird damit zur Streßfalle, die Freizeit wieder zur Anstrengung macht.

H.H.

Freizeitmobilität. Umweltverträgliche Angebote und Initiativen. Hrsg. v. Verkehrsclub Österreich (VCÖ). Wien, 1998. 64 S.,DM 31,- / öS 240,- / sFr 31,-