Einführung in friedenspädagogisches Denken und Handeln

Ausgabe: 1994 | 4

Wer mit dem Begriff „Friedenspädagogik", noch mehr mit "Friedenserziehung" erstmalig konfrontiert ist, denkt zuerst einmal an Kinder und den Versuch, ihnen Alternativen zum gewaltsamen Austragen von Meinungsverschiedenheiten zu zeigen. Der Frieden fängt dabei gewöhnlich zuhause an und der Krieg beginnt in den Köpfen der Menschen. Aufgabe der Friedenserziehung wäre es demnach, im privaten, zwischenmenschlichen Bereich die Bedingungen zu schaffen, die globale Probleme von Krieg und Frieden erst gar nicht aufkommen lassen.  Nicht so in dem vorliegenden Band. Günther Gugel und Uli Jäger ist es darin gelungen, das Feld der Friedenspädagogik nicht nur für alle Bildungsbereiche zu öffnen. Die beiden Autoren, die bisher den Materialien des Tübinger Vereins für Friedenspädagogik ihren präzisen, überschaubaren und handlungsorientierten Stempel aufgedrückt haben, umreißen die Problemfelder des friedenspädagogischen Terrains in einer Fülle, die keinen Verdacht von Verniedlichung oder Entpolitisierung aufkommen lassen. Als Kernbereiche einer Erziehung zum Frieden bezeichnen Gugel/Jäger die Vermittlung von Friedenskompetenz, konkret Sachkompetenz, die Anleitung zur Erlangung von Friedensfähigkeit, beispielsweise die Entwicklung von Ich-Stärke und Selbstbewusstsein, sowie die Anleitung zum Handeln mit der Fähigkeit, politische Entscheidungen auf kommunaler, staatlicher und internationaler Ebene mitzubeeinflussen.

Diesem schwierigen Unterfangen der Öffnung stehen auch Versuche der Abgrenzung und Präzisierung entgegen, die vor allem dem Verhältnis zu verwandten Disziplinen wie Menschenrechts- oder Umwelterziehung, zur Sozialarbeit oder humanitären Aktivitäten gewidmet ist. Was bleibt, ist eine Fülle von Problem- und Handlungsfeldern, die die Autoren in der Folge präzisieren. Umgang mit Aggression, Gewalt und Konflikten, Krieg nicht nur in Europa, die neue Welt(un)ordnung, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. Gewalt nicht nur in Schule und Familie - auch die kommunale Verantwortung für organisierte Freizeit und Friedenskultur wird in die Verantwortung genommen. Fazit der Herausgeber: "Entgegen dem pessimistischen Grundtenor vieler Beiträge zur aktuellen ,Gewaltdiskussion' verstehen wir das vorliegende Buch ausdrücklich nicht nur als Orientierungshilfe für die Auseinandersetzung mit aktuellen Friedensgefährdungen, sondern auch als Ermunterung zur Einmischung. Denn Gewalt muss nicht sein und Friedenserziehung ist möglich."

H. P G. 

Gugel, Günther; Jäger, Uli: Gewalt muss nicht sein. Eine Einführung in friedenspädagogisches Denken und Handeln. Tübingen: Verein für Friedenspädagogik, 1994. 351 5., DM 29,- / sFr 24,60/ ÖS 226,20