2015 und 2018 wurde in Deutschland im Auftrag der Wochenzeitung Die Zeit und dem infas Institut eine umfassende Studie zum Zustand des Vertrauens in Deutschland durchgeführt – die sogenannte „Vermächtnisstudie“. Die Ergebnisse wurden von Jutta Allmendinger und Jan Wetzel in einem schmalen Band zusammengefasst: Vertrauen wir uns selber und anderen? Wie gestalten sich Vertrauensbeziehungen im „kleinen Wir“ im Familien- und Freundeskreis, und im „großen Wir“ mit Blick auf die Gesellschaft? Was bedeutet das für unsere Familien, die Arbeitswelt, unseren Sozialstaat, unser Miteinander? Ein zentraler Befund ist, dass Selbst- und Fremdbilder stark voneinander abweichen: So sehen die meisten Befragten sich selbst als familienfreundlich, als offen für Neues, sie empfinden Erwerbsarbeit als zentralen und sinnstiftenden Teil des Lebens und wünschen sich einen solidarischen Sozialstaat. Doch von den anderen nimmt man diese Einstellungen nicht an: „Bei diesen Themen sind sich von außen gesehen zwar alle relativ einig, wenn sie über sich selbst reden. Sobald sie aber über die anderen sprechen, gehen sie davon aus, diese sähen es ganz anders als sie selbst. Hier findet eine Entkopplung der Bilder statt, die man von sich selbst und von der Gesellschaft hat.“ (S. 27) Zudem zeigt die Studie, dass bildungsferne Menschen weniger Vertrauen aufbauen als gut gebildete, was oft mit einem Gefühl von Kontrollverlust über das eigene Leben und gesamtgesellschaftliche Entwicklungen verbunden ist. Dazu gehört auch die Angst vor dem sozialen Abstieg, der vor allem Bildungsferne heimsucht: „Wiederholt haben wir gezeigt, dass Bildung der Schlüssel zu mehr Vertrauen in sich selbst und in die anderen ist, insbesondere eine breite Grundbildung. Bildungsarmut untergräbt und zerstört Vertrauen.“ (S. 76) Gesellschaftlicher Zusammenhalt kann nur gelingen, wenn wir einander wieder vertrauen. Daher plädieren die Autorin und der Autor für eine „Politik des Vertrauens“ in verschiedenen Bereichen: etwa in der Gestaltung einer ausgewogenen Wohnpolitik, die Ghetto-Bildung, auch im Schulbereich, verhindert; mit der Förderung von bürgerlichen Netzwerken und von Partizipation; oder durch einen gut ausgebauten Sozialstaat und ein Grundeinkommen, das Sicherheit und Flexibilität in der Lebensgestaltung erlaubt.