Corporate Social Responsibility oder gesellschaftliche Unternehmensverantwortung?

Ausgabe: 2009 | 3

Von Solidarischer Ökonomie (s. PZ 2009_1) zu unterscheiden ist „Corporate Social Responsibilty“, ein Konzept, das die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen einmahnt. Dass CSR – so die Kurzbezeichnung – jedoch nicht immer mit „gesellschaftlicher Unternehmensverantwortung“ zu tun hat, sondern auch zur geschickten Marketingschiene von Konzernen verkommen kann, zeigt die vorliegende Untersuchung. Bernhard Ungericht und seine Kollegen vom Institut für Internationales Management an der Universität Graz haben Unternehmer und ManagerInnen steirischer Unternehmen über deren Verständnis von gesellschaftlicher Unternehmensverantwortung befragt. Das ernüchternde  Ergebnis: Gerade Konzerne, die CSR auf ihre Fahnen schreiben, wehren sich am vehementesten gegen verbindliche soziale und ökologische Standards und insistieren auf dem Prinzip der Freiwilligkeit. Was als gesellschaftliche Unternehmensverantwortung anzusehen ist, definiert in diesem Sinne das Unternehmen selbst: „Das vorherrschende Verständnis von CSR entspricht dabei im Kern einer funktionalen Verantwortung für das Unternehmen im Kontext einer als autonom gedachten Ökonomie.“ (S. 11). Dass es eigentlich Aufgabe der (Zivil)-Gesellschaft sei, den Wirtschaftsakteuren Regeln zu setzen, bleibt dabei außen vor.

 

Aufschlussreich in diesem Zusammenhang ist auch der aufgezeigte „Richtungswechsel“, den die Europäische Kommission seit der Veröffentlichung des Grünbuchs „Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen“ (2001) auf Druck von Unternehmerorganisationen, namentlich des Arbeitgeberverbandes UNICE, vollzogen hat. Nicht mehr die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft, sondern welche spezifische Konzeption von CSR einen Beitrag für die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der Unternehmen und der europäischen Wirtschaft leisten könne, stünde nun im Vordergrund, so die Analyse der Autoren: „Der Unternehmenssektor wird vom Verantwortungssubjekt zum Verantwortungsobjekt: Nicht mehr die legitimen Ansprüche der Betroffenen sollen über das CSR-Konzept gesichert werden, sondern der Unternehmenssektor selbst wird zum Anspruchsträger ernannt.“ (S. 79)

 

Aufgabe kritischer Politikanalyse sei es, so das Fazit der Experten, der sprachlichen Verwirrung um das CSR-Konzept, dem entsprechende Organisationen korrespondieren (etwa CSR Europe sowie nationale CSR-Komitees der Wirtschaft), entgegen zu wirken. Neue zivilgesellschaftliche Organisationen – auf europäischer Ebene die European Coalition for Corporate Justice (ECCJ), in Österreich das Netzwerk Soziale Verantwortung (www.sozialeverantwortung.at) – wollen der Verwässerung von CSR zur PR-Strategie entgegenwirken. Verpflichtende Mindeststandards, die Partizipation der Stakeholder (Arbeitnehmer und Verbraucherorganisationen), Sanktionsmöglichkeiten sowie Transparenz und Überprüfbarkeit lauten die Forderungen, die auch von Mitgliedern des Europäischen Parlaments unterstützt werden. H. H.

 

Ungericht, Bernhard, Raith, Dirk; Korenjak, Thomas: Corporate Social Responsibility oder gesellschaftliche Unternehmensverantwortung?  Wien (u. a.): LIT-Verl., 2008. 220 S. (Einführungen Wirtschaft; 10) € 19,90  [D], 20,50 [A], sFr 30,90

 

ISBN 978-3-7000-0845-3