Beschäftigungsperspektiven - geht uns die Arbeit aus?

Ausgabe: 1999 | 1

Hat der Regierungswechsel in Deutschland auch die Realisierungschancen von Analysen und Diskussionsergebnissen verbessert, die in der Veranstaltungsreihe „Dialog Zukunft. Wirtschaft und Gesellschaft im Neuen Jahrtausend” (1997/98 in Erfurt, Hamburg und Berlin) manifest wurden? Kolleginnen und Kollegen der Referenten Peter Glotz (SPD) und Gunda Röstel (Bündnis 90/GRÜNE) sitzen nun in der Regierung während jene von Lothar Späth (CDU) mit der neuen Oppositionsrolle zurechtkommen müssen, die Gregor Gysi (PDS) schon seit Jahren geschickt nützt. Der Philosoph Peter Sloterdijk greift Grundsätzliches auf: „...Und alle Arbeit beginnt gewissermaßen mit Klimaarbeit, mit Stimmung, mit der Hervorbringung einer konvitualen, kommunitarischen Atmosphäre” (S. 260). Damit soll ein Gegengewicht zu der in Deutschland grassierenden „Selbstsabotage” geschaffen werden, unter der nicht nur sozial Ausgegrenzte, sondern auch politisch Etablierte leiden. Der neue Typus des flexibilisierten Arbeitnehmers sei „ein stromlinienförmiger Windhund”. Die Defizite bei der geforderten „Anpassungs-und Beschäftigungsfähigkeit” von „Just-in-time”-Arbeitskräften sollen durch computerdominierte Schnelltrainings kompensiert werden, die auch dem budgetären Spardiktat angepaßt wurden. Folgerichtig tauchte bei der Kritik am staatlichen Bildungssystem das Allheilmittel der Privatisierung auf - auch um den Preis, daß die Segmente einer ganzheitlichen Persönlichkeitsbildung zu Tode gekürzt werden. Jeremy Rifkins Alternativen, die im amerikanischen Kommunitarismus wurzeln, klingen vertraut und doch radikal: „Und es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen einem marktbasierten, transaktionsorientierten Wirtschaftsgefüge mit räuberischen Ausprägungen und einem netzwerkorientierten System, das darauf aufbaut, daß Verknüpfungen über aufeinanderfolgende Beziehungen hergestellt werden” (S. 277). Für den US-Bürger Rifkin entwickelt sich Lust am Leben zwischen Abhängigkeit vom Computer und sozialen Beziehungen und Bildungen nur in ihrer Ausgewogenheit. „In meinem Land haben wir im Bildungswesen erkannt, wie wichtig es ist, unsere Jugendlichen stärker in die bürgerlichen Vereinigungen und Gesellschaften, die die Kultur unseres Landes bilden, einzubinden, damit sie so einen Platz an der Sonne haben können. Das ist nicht in erster Linie ein Platz in der Wirtschaft, sondern ein Platz in der Gemeinschaft” (S. 267). M. Rei.

Geht uns die Arbeit aus? Beschäftigungsperspektiven in der Gesellschaft von morgen. Hrsg. v. Kurt E. Becker ... Frankfurt/M.: Campus, 1998. 306 S., DM 48,-/ sFr 46,-/ öS 350,-