Autoindustrie und Autos über alles?

Ausgabe: 1988 | 3

Schon 1905 forderte der Deutsche Metallarbeiter-Verband zur „Demokratisierung des Automobilbesitzes" auf. Der Traum vom "Automobil-sein" wurde für viele erst in den späten 50er Jahren Wirklichkeit. Seit der Massenmotorisierung hat sich zum Traum der Alptraum gesellt. Demgegenüber steht der nach wie vor zum besten gegebene Optimismus der Autoindustrie: "Für uns gibt es keinen Zweifel an seiner Zukunft, ebenso wenig daran, daß der automobile Fortschritt weitergehen wird und weitergehen muß."

Im vorliegenden Band werden viele Aspekte des Themas "Auto und Gesellschaft" aufgegriffen: Produkt und Produktion als Möglichkeiten und 'Schwierigkeiten mittel- und langfristiger Veränderungen. Neben Ausführungen zu den Bereichen Verkehr, Ökologie und alternatives Verkehrssystem enthält das Buch einige Themen, die bisher in der Diskussion nur selten angesprochen wurden: Auto, dritte Welt, lebensgeschichtliche Aspekte von Automobilarbeitern und -arbeiterinnen sowie Frau und Auto. Weiters werden die Daimler-Benz-Geschäfte mit Südafrika näher beleuchtet.

Laut W. Sachs können wir nun die technische Muskelprotzerei sein lassen und uns der Gemächlichkeit zuwenden. Wir brauchen "gemächliche Motoren für gelassene Menschen". "Dem Tempomobil wird es ergehen wie den gotischen Kathedralen: sie sind staunenswerte Überreste von den Sehnsüchten einer vergangenen Zeit."

Bis es soweit sein wird, müssen die Zusammenhänge über die Folgen der Automobilisierung breiteren Bevölkerungskreisen geläufig sein und zu Konsequenzen Anlaß geben. Kleine Änderungen sind zu wenig. "Jedoch unabdingbar ist es, (...) dafür zu sorgen, daß die technischen Entwicklungen (...) jenseits alles vordergründigen und moralisierenden Geredes sich nicht durchsetzen wie ein sekundäres Schicksal. W-D. Narr

Auto, Auto über alles? Nachdenkliche Grüße zum Geburtstag. Jobst Kraus u. a. (Hrsg.). Freiburg i. Br.: Dreisam, 1987. 159 S. DM 22,-/sfr 18,60/öS 171,60