Arbeit - Droge oder Elixier

Ausgabe: 1997 | 3

Hinter dem nicht sehr glücklich übersetzten Titel (in den USA erschien das Buch unter ”Toxic Work") verbirgt sich ein Werk, das gute Ratgeberliteratur im amerikanischen Stil repräsentiert. Die Autorin macht Mut sich dem Risiko und den Wachstumschancen der Veränderung von schwierigen oder unhaltbaren Arbeitsbedingungen - in welche Richtung auch immer diese steuern mag - zu öffnen. Sie bietet konkrete Schritte der Hinterfragung, Beispiele aus ihrer Beratungspraxis, Anleitungen zum Selbstmanagement und transportiert V.a. die Überzeugung, daß Neuorientierung grundsätzlich möglich ist. Sie zeigt daß eine Vielzahl von Krankheiten auf das Konto "toxischer" Arbeitsverhältnisse geht. Diese vergiften tatsächlich in mehr oder weniger großem Ausmaß Körper, Seele und Leben vieler Menschen. Die Fragen der Gewinnung und Erhaltung von physischer und psychischer Gesundheit schließen unmittelbar an diesen Fragenkomplex an. Als wesentliche Faktoren für das Wohlbefinden am Arbeitsplatz konstatiert Bailey Reinhold Selbstverantwortung und Entscheidungsspielraum. Wenn der Arbeitnehmer die Kontrolle über die Art und Weise, wie die Arbeit erledigt wird, über den Arbeitsrhythmus und die Arbeitsbedingungen innehat und klare Zielvorgaben von seinen Vorgesetzten erhält ist dem Selbstzweifel, der sich in überfordernden, unklaren Situationen schnell ausbreitet die konkrete Basis entzogen. Ein gesundes Maß an Gefordertsein stärkt die Produktivität und das Selbstbewußtsein. Ein weiteres Kriterium, das dem Arbeitnehmer Sicherheit vermittelt ist das der Information. Über Veränderungen laufender Prozesse im Bild zu sein, stärkt die Möglichkeit des positiven Umgangs mit permanenten Wandel. Leistungssteigerung und Arbeitszufriedenheit sind nicht durch das antiquierte, aber nichtsdestotrotz noch häufig praktizierte System der Kontrolle, sondern durch Stärkung von Eigenverantwortung und Engagement erreichbar. Nicht die Quälerei mit Stechuhren und Zeitkonten, sondern Weiterbildung und Erwerb von zusätzlichen Qualifikationen geben dem Arbeitnehmer Selbstverantwortung für den Verlauf seines Berufsweges. Interesse für die Art der Arbeit ist ein weiterer wesentlicher Faktor, um den steigenden Anforderungen nachkommen zu könnnen. Überfordernder Streß entsteht auch durch Gezwungensein in eine Situation, die die eigenen Talente verkümmern läßt. Die Autorin, sie ist "Direktorin für Karrierentwicklung", die ihr eigenes Berufsbild als das einer ”Gestatterin" identifiziert, legt v.a. Wert darauf, keine allgemeingültigen Regeln aufzustellen, sondern die jeweils unterschiedlichen Grenzen und Bedürfnisse verschiedener Personen zu evaluieren und zu respektieren. G. K

Bailey Reinhold, Barbara: Arbeit - Droge oder Elixier. Von Überlastung, Streß und Burnout-Syndrom zum Rundum-Glücklichsein. Wien: Signum-Verl., 1996. 288 S.