Trotz wachsender Skepsis der USA gegenüber Europa, verstärkter protektionistischer Tendenzen in der Weltwirtschaft und zögernder Integration Europas ist die Bundesrepublik Deutschland für die Probleme der Zukunft gut gerüstet. Schon zu Beginn der neunziger Jahre ist mit einem Wirtschaftswachstum von »zeitweilig über vier Prozentzurechnen. Drastischer Bevölkerungsrückgang wird die Situation auf dem Arbeitsmarkt deutlich entspannen, wenngleich die mangelnde Qualifikation vor allem der in die Erwerbstätigkeit drängenden Frauen einige Probleme bereiten dürfte: »Dte Folge sind nicht ausgenutzte Möglichkeiten der Produktivitätssteigerung und Verbesserung der Wettbewerbssituation«. Durch konsequente Automatisierung und Verfahrensmodernisierung wird der Weg in die Informationsgesellschaft vorangetrieben. Zunehmende Computergläubigkeit und nicht zuletzt neuartige Marketingstrategien - u.a. verstärkter Telefoneinsatz und die Nützung neuer Werbeträger - werden bei wachsender Trennung von Beruf und Freizeit auch im Inland neue Märkte erschließen. Der Verfasser, seit fast zehn Jahren mit Zukunftsfragen beschäftigt, erfüllt als Unternehmensberater die Erwartungen seiner Zielgruppe in hohem Maß. Doch sind sie auch realistisch? Die Bilanzen scheinen wohl kalkuliert, die Analysen vielfach abgesichert, zumal sich der Autor - mutmaßlich - auf die »Auswertung von fast 150 in- und ausländischen Wirtschaftszeitungen und Fachzeitschriften« stützt. Gegenüber dem hier vertretenen Maß unternehmerischer Zuversicht sind Zweifel angebracht. In der Fülle positiver Aussagen sollte zumindest eine beiläufig formulierte Einsicht von zentraler Bedeutung stutzig machen: »Zahlreiche Unternehmer ... erkennen neben ihren wirtschaftlichen Interessen eine gesellschaftliche Verantwortung an. Jedoch: nur wenige tun auch etwas dafür.« Ganz offensichtlich bleibt der »menschliche Faktor« in zahlreichen Erfolgsbilanzen unberücksichtigt. Ökologisches Engagement weitgehend auf unbegründete Angst zu reduzieren und den (schrittweisen) Ausstieg aus der Atomenergie von einem –„weiteren Tschernobyl“ abhängig zu machen, wäre nicht nur ökonomisch unverantwortlich, sondern vor allem gesellschaftspolitisch skandalös. Ziegler, der seine »Annahmen« ausdrücklich als persönliche Meinung deklariert, und nicht zuletzt »durch Konfrontation« zur Stellungnahme auffordern will, sollte über Mangel an produktivem Widerspruch nicht zu klagen haben.
Ziegler, Armin: Annahmen über künftige Entwicklungen. Entscheidungsgrundlagen für morgen. Schönaich: Eigenverlag, 1987, 160 S.