Acht Aufsätze zum Schwerpunktthema Gentechnologie

Ausgabe: 1988 | 3

Insgesamt acht Aufsätze beschäftigen sich mit verschiedenen Bereichen der Gentechnologie. Die Themenstellungen reichen von den ersten bereits auf dem Markt befindlichen Produkten, synthetischen Impfstoffen, Arzneimitteln über die Patentmaus und das milliardenschwere Forschungsprogramm zur Entschlüsselung des menschlichen Erbgutes bis hin zur grundsätzlichen Kritik an diesem jüngsten Sproß wissenschaftlich-industriellen Ehrgeizes. Noch sind nicht einmal andeutungsweise Dimensionen und Möglichkeiten der Gentechnologie ausgelotet, da kommen bereits die ersten Produkte auf den Markt. Anfang dieses Jahres brachte eine US-Firma das Medikament TPA heraus, das einen Herzinfarkt bremsen kann. Experimente mit Wachstumsbakterien laufen schon seit Monaten.

Mit Hilfe der Gentechnik sollen nun auch zahlreiche Infektionskrankheiten durch wirksame Impfstoffe , bekämpft werden. Erste Erfolge wurden bei Hepatitis, Malaria und Grippe erzielt. Ergebnisse bei Aids, Krebs und Karies sind dagegen noch nicht in Sicht.

Der Pharmachef der Hoechst AG, Prof. Hansgeorg Gareis, plädiert für ein Gengesetz, "damit die Industrie und auch die Forschungslaboratorien wissen, in welcher Rechtslage sie sich/befinden". Seiner Ansicht nach sollte die Veränderung der menschlichen Erbmasse in jedem Fall Tabu bleiben. Bis. her sind ohnehin nur drei Promille der gesamten menschlichen Erbinformation im Detail bekannt. Das soll sich nun nach dem Willen der amerikanischen Regierung ändern. Das ",Human Genome Projekt" soll einen genauen Lageplan aller menschlichen Gene erstellen, die Reihenfolge der drei Milliarden DNS-Bausteine festlegen und damit eine der härtesten Nüsse der Wissenschaft knacken". Die Erstellung einer Genbibliothek soll Voraussetzung sein zur Bekämpfung von Erbkrankheiten.

In einem Interview nimmt Günter Altner zur Gentechnologie Stellung. Seit seinem Buch "Leben auf Bestellung? Das gefährliche Dilemma der Gentechnologie" zählt er zu den profiliertesten Kritikern. Für ihn ist die Zukunft unserer Kinder wichtiger als Arbeitsplätze. Da die Wirkung von Eingriffen in den Zellkern von Pflanzen, Tieren und Menschen nach wie vor unklar ist, darf nicht am Leben herummanipuliert werden. Auch die Rettung vor Hunger widerlegt Altner indem er klarstellt: Großbauern sollen doppelt bedient werden - durch Gift fürs Unkraut und durch manipulierte Samen, die das alles aushalten. "Ähnliches gilt für die im wahrsten Sinne des Wortes armen Schweine, die mit Hilfe des menschlichen Wachstumshormons in kürzerer Zeit noch mehr Schweinefleisch produzieren müssen, und für die Kühe, die noch mehr Milch liefern sollen." Nach dem jüngsten Hormonskandal in der BRD gewinnt diese Anklage an Prägnanz. Das größte Problem sieht Altner darin, daß man noch viel zu wenig Einblick in die Zusammenhänge hat und trotzdem munter drauflos experimentiert - und wieder einmal so tut, als könne überhaupt nichts passieren. Er kämpft dafür, daß vor jedem neuen Schritt erst einmal die Folgen bedacht und Alternativen erwogen werden. "Jetzt aber verfügt der Mensch mit der Gentechnik über ein Mittel, die Natur zu vergewaltigen und sie von Grund auf zu ändern. Er ist jetzt stärker als die Natur, und darum muß er sich selber jene Grenzen setzen, die ihm bisher die Natur setzte."

Gentechnologie - Schwerpunktthema. In: highTech. 1988, Nr.8, S.30-59