Die Geburt des ersten "Retortenbabys" im Jahr 1978 war für die einen ein Triumph menschlicher Forschung, für die anderen ein Alarmsignal. Inzwischen ist die Gen- und Reproduktionstechnik weiter "fortgeschritten", was mannigfachen Widerstand vor allem aus feministischen Positionen hervorrief. Neun Vorträge aus einer einschlägigen Reihe an der Universität Klagenfurt dokumentieren an dieser Stelle dieses Befinden.
Barbara Duden kritisiert Sprachregelungen, die mittels “Informationen" eine Selbstverständlichkeit reproduktionsmedizinischer Verfahren begründen und Akzeptanz bei den Frauen herbeiformulieren wollen. Eva Fleischer gibt einen historischen Überblick über den Umgang der Gesellschaft mit der Unfruchtbarkeit der Frau vom Alten Testament bis heute und beschreibt Arten, wie Frauen in die Machtverhältnisse der Medizin eingebunden werden. Lisbeth Trallori bezieht aus philosophischer und soziologischer Sicht vehement gegen den "gentechnischen Komplex" Stellung. Beiträge von Gerburg Treusch-Dieter und Anne Waldschmidt analysieren die bundesdeutsche Gesetzgebung zur Fortpflanzungsmedizin und Embryonenforschung und deren große Lücken. Beate Zimmermann hinterfragt die vielen Angebote “präventiver" Schwangerschaftsuntersuchungen und warnt vor dadurch entstehenden Verunsicherungen, Abhängigkeiten und Zusammenhängen mit eugenischem Denken. Michaela Ralser und Ruth Holtzhauser berichten vom Widerstand von Frauen gegen die Gen- und Reproduktionstechnologie und seiner Neutralisierung, für die sie die (wenigstens partielle) Legalisierung, die “Psychologisierung" der Kinderlosigkeit, die “Bürokratisierung" der Ethik und die Akademisierung des Gegendiskurses als Ursachen sehen. Auch Johanna Riegler und Aurelia Weikert bedenken den feministischen Widerstand und plädieren für eine weiblich ganzheitliche Moral gegen den männlichen Mythos rationalen Fortschritts. Im letzten Beitrag betrachtet Ute Winkler kritisch Verfahren und Folgen der Reproduktionsmedizin in der Dritten Welt.
M. R.
Die kontrollierte Fruchtbarkeit. Neue Beiträge gegen die Reproduktionsmedizin. Hrsg. v. Eva Fleischer ... Wien: Verl. f. Gesellschaftskritik, 1993. 1705., ca. DM I sFr 32,- I ÖS 248,-
