Es ist offensichtlich schwierig – das macht Christian Kreiß in seiner Publikation „Geplanter Verschleiß“ deutlich –, Unternehmen die kalkulierte Verkürzung der Lebensdauer von Produkten nachzuweisen, was ja als Konsumentenbetrug wohl strafbar wäre. Seitens der Hersteller wird geplanter Verschleiß in Abrede gestellt; gesprochen wird vielmehr von „optimaler Lebensdauer“, womit ein adäquates Kosten- Leistungsverhältnis gemeint ist. Abgewogen werde zwischen niedrigeren Produktionskosten und höherer Lebensdauer. Dass dies umstritten ist, zeigen Recherchen beider Publikationen: langlebige Produkte sind in der Regel teurer als Vergleichsprodukte, doch der höhere Preis allein garantiere noch keine Langlebigkeit.
Der Ökonom Christian Kreiß macht daher eine andere Rechnung auf: Die Wegwerfgesellschaft sei nicht Voraussetzung für den Erhalt von Arbeitsplätzen durch Wirtschaftswachstum, vielmehr gingen durch diese ungeheure volkswirtschaftliche Werte verloren. Kreiß spricht allein für Deutschland von einem jährlichen Kaufkraftentzug in der Höhe von 106 Milliarden Euro, „die uns Verbrauchern durch Manipulationen der Industrie entzogen werden“ (S. 115), weil wir eben mehr Dinge kaufen müssen als notwendig wäre. Der Ökonom addiert dazu die Ausgaben für Werbung – in Deutschland rund 30 Milliarden Euro pro Jahr – und geht davon aus, dass 90 Prozent dieser Werbung nicht informativ ist, also weggelassen werden könnte. Mit dieser Ersparnis ließe sich eine kollektive Verringerung der Arbeitszeit um gut zwei Prozent finanzieren, so Kreiß, was vier Urlaustagen mehr pro Beschäftigtem bedeuten würde. In Arbeitszeitverkürzung sieht der Autor unter Bezugnahme auf John Maynard Keynes (s. PZ 2014/4) auch einen Ausweg aus der Wachstumsspirale als eigentlicher systemischer Ursache für geplante (Produktgestaltung), funktionale (Innovationszwang) und kulturelle (Erzeugung von Bedürfnissen nach immer neuen Produkten) Obsoleszenz. Beide Autoren scheuen daher nicht, insbesondere auf die makroökonomischen und interessensgeleiteten Hintergründe der gegenwärtigen Verschleißgesellschaft hinzuweisen. Beleuchtet wird die Rolle der Großkonzerne, politischer Parteien, der Wirtschaftswissenschaften( die das Problem weitgehend leugnen) sowie der Medien, die zwar berichten, aber die Zusammenhänge, welche Gesellschaftsgruppen Vorteile von geplantem Verschleiß haben, verschweigen. So soll selbst Wikipedia kritische Beiträge zur Problematik verhindern, wie eine Bachelorarbeit eines Studenten von Kreiß an der Hochschule Aaalen gezeigt hat.
Die im Kapitel „Abhilfe“ vorgestellten Handlungsvorschläge von Kreiß gehen daher über strengere Produktvorschriften und Konsumentenrechte weit hinaus: angeraten werden etwa Transparenz in der Politik durch ein Lobbyingregister, die Entflechtung von Medien und Geldgebern, die Beschränkung von Werbung, die Sicherung von Drittmitteln unabhängiger Forschung sowie schließlich die Förderung von Ansätzen einer Postwachstumsökonomie.