2057: Update – Die Welt in 50 Jahren

Ausgabe: 2008 | 1

Wie könnte unser Leben in der Zukunft aussehen? Dies ist wohl eine der ältesten Fragen der Menschheit. In jüngster Zeit ermöglichen es moderne wissenschaftlich fundierte Methoden der Zukunftsforschung in Verbindung mit audiovisuellen Filmtechniken, die Zukunft nicht nur auszumalen, sondern sie regelrecht als Spielfilmhandlung ‚mitzuerleben’.

 

Die nun als DVD, Buch und als Download (www.zdf.de Sendereihe „Expeditionen“) vorliegende ZDF/arte-Serie „2057: Update – Die Welt in 50 Jahren“ könnte man als audiovisuelles Ergebnis einer Szenarioanalyse und Delphibefragung bezeichnen. In drei Teilen beschäftigt sich dieses, laut ZDF-Wissenschaftschef Peter Arens, größte bislang von einer Fernsehstation verfilmte wissenschaftliche Zukunftsszenario mit den Themen „Der Mensch der Zukunft“, „Die Stadt der Zukunft“ und „Die Welt der Zukunft“.

 

Für die einzelnen Teile wurde, so die Autorin des Films Meike Hemschemeier, „Forschern aus den verschiedensten Wissenschaftsdisziplinen, wie z.B. Medizin, Biotechnologie, Physik, Kommunikationsforschung und Verkehrsforschung in die Schublade geblickt und das Drehbuch und die Computeranimationen immer wieder mit Forschern revidiert“.

 

Teil 1 widmet sich dem Gesundheitssystem der Zukunft. Von der Vitalwertemessung und Weitergabe der Werte an die Sozialversicherung bei der Morgentoilette bis zur Anfertigung von Ersatzorganen aus Stammzellen reicht dabei der Bogen. Gesundheitstechnisch, so zeigt man sich zuversichtlich, kann fast alles bewerkstelligt werden: Querschnittsgelähmte können durch Neurotechnologie wieder gehen (vgl. Forschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt), Blinde können durch implantierte Fotomikrochips wieder sehen (vgl. Uniklinik Tübingen) und Operationsroboter unterstützen Chirurgenhände (vgl. Leipziger Institut für computergestützte Chirurgie). Diese Errungenschaften kommen jedoch nur den Bestversicherten zugute, wie ein Blick in die an ein mittelalterliches Massenlazarett erinnernde „Normalklasse“ der Zukunft zeigt.

 

Teil 2 „Die Stadt“ inszeniert das eher düstere Bild einer total vernetzen und totaler (Video-)Kontrolle (vgl London) unterliegenden wolkenverhangenen Megalopolis. Die Risiken der Computersteuerung von Infrastruktursystemen werden anhand eines Computervirus simuliert, der beinahe zum Totalzusammenbruch der Versorgung führt. Auf die „Nebenfolgen“ des so gut wie unbegrenzten Zugriffs auf persönliche Daten und die damit einhergehende Aushöhlung der Privatsphäre und demokratischer Grundwerte wird hingegen nicht eingegangen.

 

In Teil 3 werden wir schließlich Zeuge des Wettlaufs um neue Energieressourcen. Die Erforschung einer Substanz für hocheffiziente Solarzellen (lt. Wuppertalinstitut kommt 2057 die Hälfte der Energie aus regenerativen Quellen) hätte – so die Dramaturgie des Beitrags – beinahe wieder einen neuen kalten Krieg heraufbeschworen, wenn nicht die beteiligten Wissenschafter ihre Erkenntnisse an die Medien weitergespielt hätten.

 

Das als DVD und Begleitbuch vorliegende engagierte Projekt zeigt unter Heranziehung aktueller Forschungsergebnisse einige Facetten des Potenzials technologischer Zukunftsvisionen auf. Kritisch bleibt anzumerken, dass gegenüber den durchwegs technikbasierten Lösungen wenig auf die den Innovationen vorausgehenden Problemlagen oder sozial- und gesellschaftlich relevante Fragestellungen eingegangen wird. Th. H.

 

2057: Update – Die Welt in 50 Jahren. Polarfilm. DVD, Länge: 135 Minuten, € 14,95 [D], 15,40 [A], sFr 26,20

 

ISBN 978-3-939504-47-4