Der Verlag C.H. Beck, so wird im Vorwort von Jonathan Beck erklärt, hat für „Eine andere Welt“ über 100 Personen angefragt, die dem Verlag nahe stehen, auf dass sie je ein Buch vorstellen, das aus ihrer Sicht in die Zukunft weist. Herausgekommen ist dieses chronologisch sortierte Kompendium, in welchem die Beitragenden prägnant Texte von der Antike bis ins 21. Jahrhundert präsentieren. Es finden sich beispielweise Namen wie Marc Aurel, Michel de Montaigne und Jakob Burkhardt neben George Eliot, Max Weber und Käthe Kollwitz; Hannah Arendt, Edward Said und Thomas Piketty neben Judith Shklar, Dennis L. Meadows und Stefan Zweig.
Unschwer, so schreibt Beck, wird sich in einigen Jahren erkennen lassen, aus welcher Gegenwart heraus dieser Band entstanden ist, der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine ist etwa in zahlreichen Texten präsent, hierzu lässt sich ohne Zweifel auch der Beitrag von Marie-Janine Calic zu Bertha von Suttners „Die Waffen nieder“ (1889) verstehen. Bertha von Suttner, so Calic, entwickelte in dem Text Grundzüge eines friedenspolitischen Programms, stand damit am Anfang der Überlegungen, „in welchem internationalen Rahmen, mit welchen Prinzipien, Regeln, Gesetzen und Institutionen das Gewaltverbot künftig effizienter durchgesetzt werden kann“ (S. 163). Einen thematisch anderen Zugang wählt Thomas Urban, wenn er sich auf „Wir“ (1924) von Jewgeni Samjatin bezieht und von einem „Urmodell der furchteinflößenden Vision von der totalen Manipulation der Menschen durch Propaganda und technische Mittel“ (S. 202) spricht. Eine dystopische Satire, die nicht zuletzt und maßgeblich George Orwells „1984“ (1949) beeinflusste, ein Werk, das passenderweise im Band von Gerd Koenen vorgestellt wird: George Orwell verfolgte die „Möglichkeit einer totalitären Herrschaft bis in ihre letzten Konsequenzen und Voraussetzungen“ (S. 263), er prägte Wörter und Begriffe, inspirierte und inspiriert nach Koenen immer noch gerade junge Menschen, liefert ihnen Flashlights, „die Konturen ihrer Gegenwart freilegen“ (S. 265). Auf den nächsten Seiten geht es mit Wolfgang Rohde zu Bob Dylan, mit René Aguigah zu James Baldwin, Elisabeth von Thadden widmet sich Per Olov Enquist und Aleida Assmann Andrej Kurkow – es ist ein lesenswerter, vielschichtiger und inputreicher Band, der dankenswerterweise das Wissen um bereits bekannte Texte auffrischt und unbekannte kompakt nahebringt.