Die Zukunft der Frauen. Szenarien für das 21. Jahrhundert

Ausgabe: 1998 | 3

"Die Dinge sind zwischen Frauen und Männern immer kompliziert gewesen; und es gibt keinen Hinweis darauf, daß sie beabsichtigen, einfacher zu werden." (Doris Knecht, Die Presse) Dennoch, haben es Pamela McCorduck und Nancy Ramsey unternommen, verschiedene Szenarien zu entwickeln. Sie sind definiert als vielfältige Annäherungen an die Zukunft, Geschichten, die das Unabänderliche und das Notwendige mit dem Unvorhersagbaren und den Wahlmöglichkeiten menschlichen Handelns kombinieren, sie beschreiben mögliche Perspektiven für das Verhältnis der Geschlechter mit dem Hauptaugenmerk auf die Situation der Frauen 20 bis 500 Jahre (S. 26) nach der Jahrtausendwende.

Für die vier Szenarien gehen die Autorinnen von ebenso vielen Parametern aus: Vorherrschen von Individualrechten oder von Gruppenrechten, Rezession und als entgegengesetzter Pol das Wachstum. Das "Goldene Zeitalter der Gleichheit", so die These der Autorinnen, tritt nur ein, wenn die Parameter Wachstum und Individualrechte eine gleichermaßen positive Entwicklung nehmen. Angenommen wird dabei ein wirtschaftlicher Zuwachs, der nicht auf Kosten der Dritten Welt geht. sondern es jeder (Welt)Region ermöglicht, die jeweils eigenen Potentiale zu entwickeln und selbst zu nützen. Die materiellen und geistigen Ressourcen würden nicht weiter in Rüstung investiert, da jene Zeiten grundsätzlich friedlich und Konflikte auf ein Minimum reduziert sind. Die Erkenntnis dominiert, daß biologische und kulturelle Vielfalt ein Höchstmaß an Lebensqualität für alle garantiert. Diese Entwicklung impliziert, daß Massenmigrationen der Vergangenheit angehören und beide Geschlechter gesellschaftliche wie private Aufgaben gleichberechtigt gestalten.

McCorduck und Ramsey stellen Details dieser (noch?) imaginären Welt dar und untermauern sie jeweils mit einem fiktiven Bericht einer "betroffenen Frau". So kommt eine Datenbankmanagerin, eine US-Generalin und auch die gealterte Autorin selbst zu Wort. Die Realität freilich sieht derzeit noch anders aus: Noch immer wird Frauen der Zugang zu Nahrung, medizinischer Versorgung und Bildung vorenthalten, und selbst dort, wo sie "im Auftrag der Welt" über ihre alltäglichen Kämpfe berichten und Konsequenzen beraten, ist "der Triumph der Reaktion" (der Zusammenfall von wirtschaftlicher Rezession mit dem Vorherrschen der Gruppenrechte - so die Bezeichnung des düstersten Szenarios) allgegenwärtig: So fehlte es bei der UN-Frauenkonferenz in Peking (1995) insbesondere für die Vertreterinnen der NGOs an Tagungsräumen und Kommunikationsvoraussetzungen. Freilich, nicht nur in China ist das "Goldene Zeitalter" noch fern.

Natürlich gibt es auch mittelgraue Zwischentöne, die die Autorinnen mit ihren Szenarien "Zwei Schritte vorwärts, zwei Schritte zurück" (hier herrschen Individualrechte vor, es herrscht aber wirtschaftliche Rezession) und "Separat - ja, bitte!" (Wachstum, kombiniert mit der Vorherrschaft von Gruppenrechten], skizzieren. Szenario 3 ist davon geprägt daß wirtschaftliche Aspekte vor ökologischen Vorrang haben, daß Massenmigration weltweit zu bewältigen ist, der Reichtum der Erde in wenigen Händen konzentriert bleibt. Frauen und ihre Vertreterinnen sind hauptsächlich mit den alltäglichen Notwendigkeiten und Bedrohungen beschäftigt und können kaum an die Arbeit für grundsätzliche Veränderungen denken. "Separat - ja bitte!" charakterisieren die Autorinnen: Außerhalb der westlichen Demokratien, die sich als dauerhaft erweisen, sind die Regierungen wieder auf relativ autoritäre Mittel und Wege verfallen, um die soziale Ordnung aufrecht zu erhalten und für das Wirtschaftswachstum notwendige Stabilität zu erreichen. Das Leben spielt sich hier wie dort weitgehend unterhalb der öffentlichen Wahrnehmung ab: Geschlossene Computernetzwerke und andere Weisen der Absonderung duldet man. Unter diesen Umständen werden speziell die Frauenrechte für unwichtig gehalten, die Frauen werden quasi in den "Untergrund gedrängt", entgegen den Errungenschaften am Ende des 20. Jahrhunderts, wie sich unsere Gegenwart in der doch sehr eurozentristischen bzw. angloamerikanischen Sicht der Autorinnen darstellt.

S. Sch.

McCorduck, Pamela; Ramsey, Nancy: Die Zukunft der Frauen. Szenarien für das 21. Jahrhundert. Frankturt/M: Fischer. 1998. 378 S., DM 36, - / sFr 33, - / öS 263,-