Schöne neue Alpen. Eine Ortsbesichtigung

Ausgabe: 1999 | 4

Das Begleitbuch zur gleichnamigen Ausstellung beeindruckt zunächst - wie die vorangegangenen Bände “Grün kaputt”, “Alptraum Auto”, “Sein oder Nichtsein” und “Kein schöner Wald” - durch die abgedruckten Fotos. Diese dokumentieren eindrucksvoll sowohl den “Abstieg” der Alpen durch gnadenlosen Verbauungs- und Erschließungswahn als auch den “Aufstieg” auf Grund zahlreicher Initiativen und Aktionen gegen den überbordenen Alpentransit und für eine nachhaltige Regionalentwicklung. Die Themen sind vielfältig und reichen vom geplanten Ausbau weiterer Skigebiete über sogenannte “Berg-Bahn-Berge” oder Mega-Events auf dem Gletscher bis hin zum “Neubau der Alpen”. Natürlich rückt in den Bildern und Beschreibungen das Negative in den Vordergrund, die Beiträge des Bandes belegen aber eindrucksvoll den Balanceakt zwischen Utopie und Wirklichkeit, die Gratwanderung “zwischen Mythos und Stereotyp, Traum und Alptraum, Rohstoff und Hindernis, Gipfel und Tal, Alpenpolitik und EU-Forderungen, Bärentanz und Jagertee, Städtebau und Dorfkultur, Alpenräp und Laserstrahl, Verkehrshindernis und Funk-Park, Idylle und Katastrophe ...” (S. 122). Deshalb gilt den Alterantiven nach einem beigefügten Motto Robert Jungks, wonach wir “in einer Epoche des Noch-Möglichen leben, in der wir die Fehler der Vergangenheit deutlich erkennen und eine neue Zukunft entwerfen können, besonderes Augenmerk. Die Rede ist etwa vom “Bergwaldprojekt” (1987 von Greenpeace Schweiz gegründet), von der “Aktion Bären im Nationalpark Berchtesgaden/Bayern”, von der Genossenschaft “Casiglio”, von SOS Dolomites und nicht zuletzt von geretteten Tälern (Dorfertal, Val Madris).

Werner Bätzing bringt die Idee einer “ausgewogenen Doppelnutzung” ins Spiel, die, an mittelalterliche Verhältnisse anknüpfend, endogene Nutzungspotentiale (Handwerk, Rohstoffnutzung, Land/Forstwirtschaft) mit exogenen (Tourismus, Transit, Wasserkraft) gleichberechtigt so kombiniert, “daß auf Dauer eine wirtschaftliche tragfähige, dezentral strukturierte, umwelt- und sozialverträgliche Entwicklung möglich wird” (S. 170). Für Dominik Siegrist wäre “alpenweites Denken” eine Basis dafür, “daß die Alpenregionen ihre besonderen ökologischen, sozialen und ökonomischen Voraussetzungen gegenüber der Europäischen Union deutlich machen können” (S. 235). Eine solche Politik hätte aber die Veränderung des Bewußtseins der Menschen zur Voraussetzung.

Schließlich sei hier noch auf die Bedeutung der Alpenkonvention hingewiesen, die als gelungenes Beispiel für die Vernetzung im Alpenraum genannt werden kann. In der Broschüre “Die Alpenkonvention”, herausgegeben vom Alpenkonventionsbüro bei CIPRA Österreich (www.cipra.org), werden Umsetzungsschwierigkeiten rund um das Vertragswerk v. a. auch in der Kernfrage Verkehr genannt.

A. A.

Schöne neue Alpen. Eine Ortsbesichtigung. Hamberger, Sylvia ... (Hrsg.). München: Raben-Verl., 1998. 241 S., DM 34,- / sFr 31,50 / öS 265,-