Bereits vor knapp 20 Jahren postulierte der Nobelpreisträger Paul Josef Crutzen die Ablösung des Erdzeitalters Holozän durch das Anthropozän, also die vom Menschen geformte Epoche. Was aber bedeutet das Ende des Holozäns für die Geschichte der Menschheit und wie wirkt sich ein breites Verständnis des von Menschenhand geformten Zeitalters auf die Bekämpfung der Klimakrise aus?
Eva Horn und Hannes Bergthaller setzen sich mit den diversen Bedingungen des menschgemachten Klimawandels im Anthropozän auseinander, bieten eine fundierte theoretische Basis über die Grundzüge der neuen Epoche und stellen dar, worauf es im Umgang mit der Klimakatastrophe ankommen wird.
Ein zentraler Punkt liegt in der Forderung nach der Aufhebung der systematischen Trennung von Natur und Kultur. „Wenn die Menschheit selbst zur Naturgewalt geworden ist und das Erdsystem in seiner Gesamtheit verändert, dann verliert die Scheidung von Natur und Kultur ihren Sinn.“ (S. 59) Dass sich Gesellschaften gegenwärtig nicht als Bestandteil der Natur wahrnehmen, wird am aktuellen Verständnis von Umweltschutz sichtbar: Umweltschutzmaßnahmen, so Bergthaller, bewahren kaum das Ursprüngliche in der Natur. Vielmehr werden Prozesse erarbeitet, welche die natürliche Umgebung an menschliche Bedürfnisse anpassen, was sich etwa im Aufbau von Krötentunneln oder Schadstoffobergrenzen verdeutlicht.
Die Erkenntnis, Bestandteil des Systems zu sein, nicht aber es zu beherrschen, wird nicht ausreichen, um einen Wandel zu bewirken. Vielmehr müssen wir verstehen lernen, wie unser Verhalten als Menschheit die Erde beeinflusst. Die ökologische Perspektive „bezieht sich nicht mehr nur auf einzelne Ökosysteme, sondern auf das gesamte Erdsystem, und nicht auf menschliche Zeitmaße von ein paar Generationen, sondern auf geologische von vielen Jahrtausenden; nicht auf spezifische Individuen und Gemeinschaften, sondern auf die Menschheit“ (S. 177).
Anthropozän verdeutlicht die Notwendigkeit, Ursachen- und Wirkungszusammenhänge, vom Beginn der neuen Epoche, über politisches Verhalten bis hin zur Akkumulation individuellen Verhaltens auf „planetarischer“ (S. 176) Ebene zu verstehen, um zielführende Lösungen erarbeiten zu können.