Der Ende Februar 2022 erschienene neue Teilbericht des UN-Klimarates ist aufgrund des Krieges in der Ukraine beinahe untergegangen, enthält jedoch brisante Daten, die eine Verkürzung der Frist für die Umsteuerung nahelegen. Der Beitrag der Arbeitsgruppe II zum sechsten Sachstandsbericht des IPCC bewertet die Auswirkungen des Klimawandels und betrachtet Ökosysteme, Biodiversität und menschliche Gemeinschaften auf globaler und regionaler Ebene. Er überprüft auch Schwachstellen sowie die Kapazitäten und Grenzen der natürlichen Welt und der menschlichen Gesellschaften, sich an den Klimawandel anzupassen.
Einer Einführung in den Forschungsrahmen (Kap. 1) folgen Analysen zu den Auswirkungen und Risiken des Klimawandels auf Land- und Süßwasserökosysteme (Kap.2), Meeres- und Küstenökosysteme (Kap. 3), den globalen Wasserkreislauf (Kap. 4) und ihre jeweiligen Dienste sowie Anpassungsoptionen zur Verringerung der Risiken. Danach werden die Auswirkungen und Risiken des Klimawandels auf Land- und Forstwirtschaft, Fischerei und Aquakultur (Kap. 5), Städte, menschliche Siedlungen und wichtige Infrastrukturen (Kap. 6) sowie die prognostizierten Risiken für Gesundheit und Wohlbefinden (Kap. 7) inklusive der Optionen für die Anpassung erörtert.
In den Folgekapiteln geht es um die am stärksten gefährdeten und marginalisierten Menschen und Gruppen (Kap. 8), die spezifischen Auswirkungen in den einzelnen Weltregionen (Kap. 9-14) sowie auf kleine Inseln (Kap. 15). Kapitel 16 fasst die wichtigsten Risiken zusammen, die über Sektoren und Regionen hinweg identifiziert wurden. Danach werden die Optionen, Prozesse und Rahmenbedingungen für das Klimarisikomanagement in verschiedenen Kontexten behandelt (Kap. 17). Kapitel 18 bewertet schließlich die Art und Weise, wie Klimaauswirkungen die klimaresistente Entwicklung in verschiedenen sektoralen und regionalen Kontexten behindern, sowie die Möglichkeiten, diese zu erreichen.
Zusammenhang zwischen Klimawandel, Artenvielfalt und Gesellschaft
Mehr als 3,3 Milliarden Menschen werden in hohem Maße von den Auswirkungen der Klimakrise – unter anderem Hitze, Dürre, Überschwemmungen, Wassermangel – betroffen sein. Der Bericht zeigt auch den Zusammenhang zwischen Klimawandel, Artenvielfalt und Gesellschaft auf. Es wird empfohlen, dass 30 bis 50 Prozent der Ökosysteme weltweit, also Land- und Meeresflächen, vor starken menschlichen Eingriffen geschützt werden. Aktuell gelten 15 Prozent der Land- und 8 Prozent der Wasserflächen geschützt.
Die extremen Naturereignisse der jüngsten Vergangenheit sind die ersten Konsequenzen der globalen Erwärmung. Über das Ausmaß künftiger Katastrophen informiert der Bericht ebenfalls: Immer mehr Wetterextreme werden gleichzeitig auftreten – Dürren, Hitzewellen und Brände einerseits, Fluten und Überschwemmungen andererseits. Die Toleranzschwelle für einige Tiere und Pflanzen wird dadurch überschritten, das Artensterben nimmt weiter zu. Das wird weitere Bäume und Korallen treffen, wodurch wichtige Ökosysteme zerstört werden. Das Ungleichgewicht bringt weitere Extreme hervor, die ein weiteres Sterben verursachen, das weiteren Lebensraum zerstört.
Dieser abstrakte Kreislauf bedeute konkret: Millionen Menschen fehlt dann die Lebensgrundlage in ihren Heimatländern. Laut IPCC werden insbesondere Länder in Afrika, Asien, Mittel- und Südamerika sowie kleinere Inseln und die Arktis von akuter Ernährungs- und Wasserunsicherheit betroffen sein. Viele Menschen werden aufgrund dieser Entwicklung aus ihrer Heimat flüchten – in Länder, denen die globale Erwärmung dann noch nicht so zugesetzt haben wird. Fazit: Es bleibt aufgrund der globalen Erwärmung zu wenig Erde für zu viele Menschen.
Mehr Anstrengungen für vulnerable Gruppen gefordert
Neben Maßnahmen, die globale Erwärmung aufzuhalten, braucht es daher Pläne, wie wir in dieser veränderten Umwelt überleben und leben können, so der IPCC-Bericht. Dazu stellt der Bericht fest, dass es zunehmende Lücken zwischen notwendigen und tatsächlichen Handlungen gibt. Bei Bevölkerungsgruppen mit niedrigem Einkommen seien die Lücken am größten. Der Bericht erkennt die wechselseitige Abhängigkeit von Klima, Biodiversität und Menschen an. Er integriert Natur-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften stärker als frühere IPCC-Bewertungen und zeigt das hohe Potenzial der Natur im Kampf gegen die Erderwärmung. Gesunde Ökosysteme versorgen die Umwelt mit Wasser und Nahrung. Sie sind zudem widerstandsfähiger und können sich Veränderungen besser anpassen. Durch die Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme könne die Gesellschaft von der Fähigkeit der Natur profitieren, Kohlenstoff zu absorbieren und zu speichern, heißt es im Bericht.