Zur Entwicklung moderner Produktionstechnik

Ausgabe: 1992 | 3

Im Gegensatz zur traditionellen Technikfolgeforschung, die zu vielen Sachzwängen unterlag, tendiert die neue sozialwissenschaftliche Technikforschung zu einer Zusammenschau von technischen, ökonomischen, soziologischen und politischen Faktoren. Eine seit Tschernobyl sensiblere Öffentlichkeit beschleunigt den Paradigmenwechsel. Der Sammelband trägt kritische Beiträge der bis dato angelaufenen empirischen Befunde dieses Wandels zusammen. Ein erster Block beleuchtet Vorsorgeforschungen und Steuerbarkeit technischer Entwicklungen. Traditionelle und neuere Formen der Techniksteuerung werden auf ihre Möglichkeiten und Grenzen hin untersucht. Theoretisch müssten Nutzungsstrategien, die zu einer inhaltlichen Qualifizierung und sozialen Aufwertung des Facharbeiters geführt haben, ausgebaut, jene, die sie dequalifizieren (z.B. monotone Fließbandarbeit), abgebaut werden. In der Praxis gibt es Hürden: Oft sind Gestaltungsfreiräume zu wenig erforscht und bewusst, betriebliche Organisationsstrukturen zu starr für den permanenten Wandel der Technikentwicklung. Wie man diese und andere Defizite diagnostizieren und beheben könnte, veranschaulichen Grafiken über interne und externe Beeinflussungsmöglichkeiten der Technikgenese. Eine andere Studie lotet Chancen eines Übergangs von der traditionellen technischen Folgenregulierung zur Ursachensteuerung aus. Der zweite Block geht der Verflechtung von Gesellschaftspolitik und Technikgenese nach. Rationalisierungen durch computergestüzte Programme wie CAD oder CAM provozieren Reaktionen gesellschaftspolitischer Institutionen: Gewerkschaftsvertreter fordern stärker arbeitnehmerorientierte Fragestellungen in der Technikforschung. Eine kritische Studie zur Ingenieurausbildung bemängelt fehlende Interdisziplinarität und Praxisnähe und verweist auf das vorbildliche Projekt "Mensch - Technik - Umwelt" an der ETH Zürich. Der letzte Abschnitt geht auf Vermarktungs- und Entwicklungsstrategien von CAD und PPS (= Produktionsplanungs- und Steuerungssysteme) im Spannungsfeld von Anbieter- und Anwenderinteressen ein. Weiters wird über das "Human Centred CIM Systems"-Projekt berichtet, das erstmals das Erfahrungswissen des Werkstattpersonals miteinbezog. Tenor des ganzen Bandes: integrative betriebliche Gestaltungspolitik ist der Weg zu einer ökonomischen UND humanen Produktionstechnik. J. W

Technik gestalten, Risiken beherrschen. Befunde der Sozialforschung zur Entwicklung moderner Produktionstechnik. Hrsg. v. Jörg Bergstermann…: ed. sigma, 1992. 219 5., DM 29,80 I sFr 25,2 I ÖS 232