Manuela Lenzen

Künstliche Intelligenz

Ausgabe: 2019 | 1
Künstliche Intelligenz

Allen, die sich intensiver mit dem Thema Künstliche Intelligenz beschäftigen wollen, sei Manuela Lenzens Buch „Künstliche Intelligenz. Was sie kann & was uns erwartet“ ans Herz gelegt. Die Philosophin Lenzen schafft es, eine detailreiche Einführung in das Thema zu geben, die wenig Fragen offenlässt: Nicht nur Beispiele für die Anwendung von KI und deren Auswirkungen auf Mensch und Gesellschaft, sondern auch die technischen Hintergründe zu Hard- und Software werden von der Autorin verständlich aufbereitet. Und Lenzen macht gleich deutlich, worum es bei KI vor allem geht: „Das Stück, das gerade gespielt wird, heißt nicht ‚Robocalypse‘ oder ‚Die Invasion der Superintelligenzen‘, sondern, mal wieder, immer noch: Wirtschaftswachstum, Gewinnmaximierung, Markt, Machterhalt“ (S. 16).

Im ersten Teil zeigt das Buch die Hintergründe und Möglichkeiten von KI auf: Tatsächlich sind Maschinen noch weit davon entfernt, die Komplexität menschlicher Intelligenz zu erlangen. Doch die technologische Entwicklung schreitet rasant voran: Künstliche neuronale Netzwerke imitieren das menschliche Gehirn und Maschinen beginnen zu lernen. Man weiß jedoch nicht, was in der „Black Box“ des Programms passiert, „[d]ie Daten gehen hinein, die Antworten kommen heraus, aber kann noch jemand nachvollziehen, was dazwischen geschieht?“ (S. 75). Das ist problematisch, wenn eine Software etwa über Bewährungsstrafen, Versicherungspolizzen oder Therapien entscheidet – hier gibt es noch zu viele offene Fragen, als dass man solche sensiblen Felder einer KI unüberwacht überlassen dürfte. Daher muss immer klar sein: Menschen, nicht Roboter sind moralische Akteure und damit verpflichtet, für einen sorgsamen Einsatz von KI zu sorgen (vgl. S. 146).

Veränderter Mensch, veränderte Gesellschaft

Den zweiten Teil ihres Buches widmet die Autorin den Fragen, wie KI Mensch und Gesellschaft verändert. Wie weit wollen wir unser Leben Computerprogrammen anvertrauen? Ist Bequemlichkeit Grund genug, um unser Leben, unseren Wohnraum, unsere Meinungen völlig transparent zu machen? Lenzen plädiert für einen verantwortungsvollen Umgang mit Daten und deren Output, zum Beispiel jene Filterblasen in den sozialen Medien, die uns mit Wohlfühl-Nachrichten versorgen und andere Weltbilder gar nicht zu uns vordringen lassen. Denn: „Filterblasen sind (...) zumindest zu einem guten Teil weniger Schicksal als Bequemlichkeit. (...) Die digitale Welt macht es einfacher, sich in Blasen einzuschließen. Sie macht es aber auch leichter, sich vielseitig zu informieren: Ein paar Klicks ersetzen den Kauf unterschiedlich orientierter Zeitungen“ (S. 165).

Für die Autorin bleiben drei große Herausforderungen: Zunächst die menschliche Überschätzung von KI, die nach wie vor fehleranfällig ist und komplexe Sachverhalte wenig erfolgreich bearbeiten kann. Unreflektiertes Auslagern von wichtigen Entscheidungen ist daher problematisch. Als besonders gefährlich erachtet die Autorin die Macht privater Software-Konzerne: „Nicht die Maschinen übernehmen die Kontrolle, sondern diejenigen, die die Maschinen besitzen und kontrollieren, beeinflussen und kontrollieren immer weitere Bereiche der Gesellschaft“ (S. 247). Zudem befürchtet Lenzen, dass die „Pseudokommunikation“ in den sozialen Netzwerken unsere Lebenszeit stiehlt und der Vereinzelung Vorschub leistet – und damit den Zusammenhalt der Gesellschaft gefährdet. Es liegt an uns, das Ankommen der Künstlichen Intelligenz so zu gestalten, dass die Gesellschaft für alle lebenswert bleibt.