Zivilisierungsprojekt Weltunordnung

Ausgabe: 2017 | 4
Zivilisierungsprojekt Weltunordnung

Exakt 40 Beiträge enthält eine Festschrift zum 90. Geburtstag eines österreichischen Politikers, der (s)eine Vision wahr werden ließ, nämlich auf einer Burg an der Grenze zwischen Ungarn und Österreich ein Friedensforschungszentrum zu errichten. Die Rede ist von Gerald Mader, der 1982 als Antipode zum Kalten Krieg und atomaren Wettrüsten den Grundstein für das Österreichische Studienzentrum für Frieden und Konfliktforschung (ÖSFK) auf der Burg Schlaining legte. Ob die Ausbildungsprogramme für zivile Konfliktbearbeitung oder die jährlichen Sommerakademien, an denen auch der Rezensent mehrere Male mitwirken konnte – das ÖSFK genießt internationalen Ruf. Die Beiträge der Festschrift für den Gründer, allesamt von Referierenden und Mitarbeitenden des Zentrums verfasst – können hier nur kursorisch erwähnt werden. Der von Thomas Roithner und Ursula Gamauf-Eberhardt herausgegebene Band thematisiert vielfältige Aspekte von Friedensforschung und Friedensarbeit: das „Zivilisierungsprojekt Weltunordnung“ – Elmar Altvater verweist dabei auf die Gewaltstrukturen des gegenwärtigen Weltwirtschaftssystems – sowie die ambivalente „Friedensmacht Europa“ (u. a. mit einer kritischen Analyse von Ekkehart Krippendorff) werden ebenso angesprochen wie ökologische Herausforderungen (Helga Kromp-Kolb und Wolfgang Kromp legen eindrucksvoll die epochale Herausforderung des Klimawandels dar) und die Wachstumsgrenzen des Kapitalismus (Birgit Mahnkopf) sowie der Krisenfaktor des entfesselten Finanzkapitalismus (Stefan Schulmeister schreibt über den „Lernwiderstand der Eliten in einer großen Krise“).

Weitere Abschnitte thematisieren die Rolle von „Recht und Un-Recht“, die Chancen und Grenzen von Friedensarbeit und ziviler Konfliktbearbeitung sowie die Rolle von Religionen als Kriegstreiber und Friedensstifter (mit einem erhellenden Beitrag von Superintendent Michael Bünker). Der kroatische Philosoph Zarko Puhovsky zeigt am Beispiel postkommunistischer Staaten, dass Demokratie und Frieden nicht immer gleichzusetzen sind. So hätten die Unabhängigkeitsbestrebungen in den jugoslawischen Teilrepubliken direkt in den Nationalismus und Krieg geführt. Puhovsky spricht von „instabilen Gleichgewichten“, die sich bei deren Störung in Gewalt entladen können. Eine Analyse, die wohl auf zahlreiche so genannte „failed states“ zutrifft. Hans Holzinger 

Bei Amazon kaufenAm Anfang war die Vision vom globalen Frieden. Hrsg. v. Thomas Roithner ... Wien: Kremayr & Scheriau, 2016. 592 S., € 27,- [A, D] ; ISBN 978-3-2180-1037-5