Ziviler Friedensdienst. Alternative zum Militär

Ausgabe: 1997 | 3

Wohl niemandem stünde es mehr zu, ein Buch über die "Grundausbildung in gewaltfreiem Handeln" zu verfassen als Theodor Ebert, der sich seit 30 Jahren intensiv mit Strategie und Taktik der gewaltfreien Konfliktbearbeitung beschäftigt. Die gestiegene Bereitschaft, latente Konflikte mit kriegerischen Mitteln auszutragen, nachdem die Gefahr der Ausweitung zu einem Weltkrieg geschwunden ist, habe, so der Politikwissenschaftler und Mitarbeiter der evangelischen Kirche, nicht nur den Druck auf die UNO zu militärischen Interventionen erhöht, sondern auch der Diskussion über die Beteiligung der BRD an solchen Militäreinsätzen starken Auftrieb gegeben. Die Bundesregierung habe es aber versäumt, sich dem internationalen Druck frühzeitig durch das Angebot einer zivilen Alternative zu widersetzen. Genau da setzt das seit 1991 von kirchlichen Institutionen unter Mitwirkung Eberts entwickelte Konzept eines ”Zivilen Friedensdienstes" an, welches als "gleichberechtigte Alternative zur Bundeswehr" nicht nur internationale Vermittlungsangebote ermöglichen, sondern auch - und insbesondere - der innerstaatlichen Konfliktkultur zugutekommen soll. Als beispielhaft hierfür nennt der Autor den gewaltfreien Schutz der parlamentarischen Institutionen in Lettland und Litauen im Januar 1991 durch Bürger, die gegen die Rote Armee einen Ring um die Gebäude bildeten. Nicht von ungefähr wird sehr ausführlich auch ein Szenario der gewaltfreien Verteidigung eines Flüchtlingheims in Berlin beschrieben. Den "pragmatischen" Kern der Abhandlung bildet ein sogenanntes "Werkstattbuch" über einen Kurs mit Studentinnen der Politischen Wissenschaften der FU Berlin, das über die Methoden und Erfahrungen dieses Ausbildungslehrgangs berichtet. Theodor Ebert will zivilen Friedensdienst nicht nur als Angelegenheit einiger Freiwilliger verstanden wissen, sondern als "allgemeine Alphabetisierung in gewaltfreier Konfliktaustragung", oder anders gesagt, als "Pflichtübung" für jedermann/frau in der Demokratie, die in der Schule begonnen und durch weitere Kurse (gleich jenem für ”Erste Hilfe") ergänzt werden sollte. Es geht ihm zum einen um adäquateres Agieren angesichts zunehmender Alltagsgewalt. aber auch um eine gewaltfreie Alternative zum Militär. So stellt sich der Autor auch der Frage, ob man selbst in Extremsituationen tödlicher Bedrohung durch Bewaffnete noch eine vernünftige Chance habe, mit gewaltfreien Mitteln und Organisationen zu bestehen, ohne hier freilich eine letztlich klare Antwort zu finden. H. H.

Ebert, Theodor: Ziviler Friedensdienst. Alternative zum Militär. Grundausbildung im gewaltfreien Handeln. Münster: Agenda-Verl., 1997. 332 S. (agenda Frieden; 23) DM 39,80IsFr37,1 öS 291