Wissenschaft in der globalen Herausforderung

Ausgabe: 1996 | 4

Beiträge mit Forschungsberichten aus Weltraumtechnik, Physik, Mathematik, Mikroelektronik und Nanoforschung, aus Geowissenschaften, Chemie, Biologie und Gentechnik sowie Medizin enthält der vorliegende Band. Die Auswahl erfolgte primär dem Kriterium der Anwendungsorientierung. So bemühen sich die Autorinnen, den Nutzen der jeweiligen Forschungen "für die Menschheit" herauszustreichen. Dies gelingt recht gut etwa in den Beiträgen zur Klimaforschung, in denen man Einblick in die Methoden der Zeitreihenmessung von Klimaveränderungen (über die Analyse von in Eisdecken konservierter Luft), über die Rolle der Ozeane in der Klimaentwicklung oder die CO2-Aufnahmekapazitäten der Erdvegetation. Alle drei Beiträge warnen vor den Folgen des anthropogenen Treibhauseffekts, als Ansatz der Gegensteuerung läßt sich der Bericht über das energieautarke Solarhaus Freiburg lesen. In den medizinischen Beiträgen (Krebsforschung, Seuchenbekämpfung, Drogentherapie) werden lediglich genetische und pharmakologische Aspekte erörtert. Umweltbedingungen bleiben außen vor. Die Gentechnologie wirbt insbesondere mit dem Argument der zunehmenden Nahrungsmittelknappheit, wobei die Risiken von genmutierten Lebensmitteln nicht, Probleme wie die Nahrungsmittelüberschußproduktion in den Industriestaaten oder die Kostenspirale von Hybridsorten für die Dritte Welt (das Saatgut muß immer wieder vom Züchter erstanden werden, was die Bauern in Abhängigkeit von den Saatfirmen bringt) nur am Rande angesprochen werden. Auch von der Chemieindustrie werden Hunger und Unterernährung (die FAO schätzt, daß 780 Mio. Menschen weltweit davon betroffen sind) lediglich als technisches Problem, und Kunstdünger sowie (bessere) Pflanzenschutzmittel als Ausweg gesehen. Eine neue Antwort versucht hier wiederum die Gentechnologie zu geben. Es wird daran gearbeitet, die Fähigkeit der Leguminosen, Stickstoff biologisch zu fixieren, auch auf Getreidesorten zu übertragen. Ich würde sagen: Ein kostspieliger (und bisher auch nicht erfolgreicher) Weg, der durch die Rückkehr zu natürlichen Fruchtfolgen wahrscheinlich mit weniger Aufwand erreichbar wäre. Dennoch: Für Publikationen wie diese spricht, unabhängig von einer Bewertung der einzelnen Beiträge, daß sie Einblick geben in die Laboratorien naturwissenschaftlicher Forschungen, und damit die Mauer des Expertentums durchbrechen, die selbst den interessierten Laien in der Regel die neuesten Erfindungen verschlossen hält, und sehr oft auch unser Vorstellungsvermögen übersteigt (so soll in Zukunft ein Chip von einer Fingergröße mehr als 10 Mio. Bauteile enthalten). Die Beurteilung der Forschungsprojekte mögen die LeserInnen selbst vornehmen. H.H.

Wissenschaft in der globalen Herausforderung. Hrsg. v. Hubert Markl ... Stuttgart: Hirzel (u.a.), 1995. 396 S. (Edition Universitas; 118),