Moritz Rudolph

Der Weltgeist des Lachs

Ausgabe: 2022 | 3
Der Weltgeist des Lachs

Der Weltgeist als Lachs ist die Verbindung zweier Essays des politischen Theoretikers Moritz Rudolph, der sich 2019 an einer Deutung gegenwärtiger weltpolitischer Tendenzen in Richtung China widmete. Darüber hinaus sah er im Ausbruch der Pandemie einen Tendenzbeschleuniger der Welt im Wandel. Einleitend geht Rudolph aktuellen globalen Entwicklungen anhand der hegelschen Weltgeschichtsphilosophie nach. Hegels Dialektik folgend, „Anfangs- und Endpunkt in eins zu setzen, sodass sie am Ende wieder ‚in ihren Ursprung mündet‘“ (S. 9), zeichnet der Autor die Reise des Weltgeistes weiter. So kann, in Anlehnung an Francis Fukuyamas Ende der Geschich-te der Zusammenbruch des Ostblocks und die Durchsetzung liberaler Demokratien nicht das Ende der Geschichte sein:  „Geschichtsdialektik funktioniert ja nicht einfach so, dass einer stirbt und der andere übrig bleibt, der dann weitermachen kann, wie bisher. Auch der Überlebende muss etwas vom Wesen des Besiegten in sich aufnehmen und damit selbst einen kleinen Tod sterben, der mit der Zeit immer größer wird, bis auch er verschwindet.“ (S. 10) Den Verdacht, dass Anfang und Ende des Weltgeistes in China anzutreffen seien, begründet der Autor mit der Soziologin Janet Abu-Lughod, welche die erste Globalisierung als Produkt des mongolischen Reiches bestimmt, sowie mit Horkheimers pessimistischen Geschichtsprognosen der 1960er, worin er das Ende der Welt als eine „völlig verwaltete, automatisierte großartig funktionierende Gesellschaft“ (S. 16) beschreibt, „in der das einzelne Individuum zwar ohne materielle Sorgen leben kann, aber keine Bedeutung mehr besitzt“ (S. 16). Wesentliche Faktoren für Chinas potentiellen Erfolg seien Rudolph zufolge die unübertroffene Menge an gespeicherten Daten sowie die damit zusammenhängenden Forschungen zu künstlicher Intelligenz, welche in absehbarer Zeit einen prägenden Entwicklungsschritt vollziehen könne.  Verbunden mit dem Wachsen autoritärer Tendenzen in den USA durch Trump, den rasanten Fortschritt der KI-Forschung und dem Erstarken des chinesischen Einflusses  sei der Weg zum künstlichen ewig herrschenden Kaiser geebnet. Im Schlussteil wird vertiefend analysiert, wie die Pandemie als Tendenzbeschleuniger dieser Entwicklungen fungiert. Das Buch begleitet Leser:innen auf einer wilden Reise voller Spekulationen, Geschichtswissen und philosophischen Ansätzen. Am Ende erhält man keine finale Antwort, ist dafür aber um viele Ideen und eigene Spekulationen reicher.