Dipesh Chakrabarty

Das Klima der Geschichte im planetarischen Zeitalter

Ausgabe: 2022 | 4
Das Klima der Geschichte im planetarischen Zeitalter

Der Historiker Dipesh Chakrabarty legt mit Das Klima der Geschichte im planetarischen Zeitalter ein umfangreiches Werk vor, das auf seine früheren Arbeiten der Subaltern Studies aufbaut. Es handelt sich dabei nicht um ein „klassisches“ Klimabuch, sondern es geht vielmehr „um diese gerade entstehende Objektkategorie menschlicher Sorge, den Planeten, und darum, welche Auswirkungen sie auf die uns vertrauten Globalisierungsgeschichten hat.“ (S. 10) Während Chakrabarty v. a. für Provincializing Europe bekannt ist, wo er über die Geschichte des Globus in einer postkolonialen Zeit spricht, verlagert sich seine Perspektive in diesem Buch. Ausschlaggebend war die „Anthropozän-Hypothese“, die er beschreibt als „Annahme, dass die Einwirkung des Menschen auf den Planeten so groß sei, dass sie eine Abänderung der geologischen Chronologie der Erdgeschichte verlange, um deutlich zu machen, dass der Planet die Grenzen des […] Holozäns überschritten habe und in ein neues Zeitalter eingetreten sei.“ (S.12) Der mächtige Einfluss des Menschen zeigt sich – Chakrabarty zufolge – im Klimawandel am anschaulichsten.

Die Unterscheidung zwischen den Konzepten Globus und Planet macht der Wissenschaftler durch diese Verschiebung fest. Letzteren beschreibt eine „neue historisch-philosophische Entität“ (S.13) und stellt damit die menschliche Handlungsmacht nicht nur im Schreiben von Geschichte, sondern auch im Formen unseres unmittelbaren und globalen Lebensraums. Politisches Handeln im Sinne von Hannah Arendt ist dabei von maßgeblicher Besonderheit, um den Lebensraum als Zuhause zu organisieren und ebenso, um Herausforderungen des Klimawandels zu bewältigen. Handeln geht dabei aber über den Menschen hinaus – Chakrabarty bezieht sich dabei etwa auf Arbeiten von Bruno Latour oder Donna Haraway.

Chakrabarty liefert einen Text, der seiner postkolonialen Tradition verpflichtet bleibt und zugleich darüber hinaus geht. Er hält, was er verspricht – er schreibt eine neue Anthropologie, die Zusammenhänge zwischen menschlichen und nicht-menschlichen Handeln offenlegt. Sein neues Buch ergänzt die postkolonialen Studien mit einer notwendigen Klima-Perspektive, die er schlüssig in einen größeren Rahmen einbettet. Ein gewisses Vorwissen über Globalisierungserzählungen und postkoloniale Analysen ist bei der Lektüre sicher kein Nachteil.