Hans Holzinger

Wirtschaftswende

Ausgabe: 2025 | 1
Wirtschaftswende

Die ökologischen, politischen und sozialen Krisen der vergangenen zwei bis drei Jahrzehnte haben sich bis heute zu einem äußerst riskanten Amalgam verdichtet, das die Überlebensfähigkeit der Menschen, Tiere, Pflanzen und unbelebten Natur nachhaltig gefährdet. Resignation, Fatalismus und Wut, aber auch Leugnung des unübersehbaren und zunehmend persönlich erfahrenen Leids der Krisenwirkungen sind die Folge. Zudem zeichnet sich immer mehr ab, dass die ursprünglich temporären Krisenphänomene sich strukturell verfestigen. Lediglich das kapitalistisch ausgerichtete Wirtschaftssystem scheint gegen solche Krisen und ihre Folgen immun zu sein. Produktion und Konsum verharren auf hohem Niveau – so werden jede Sekunde drei Autos oder sieben PCs produziert (S. 22) –, die ökologischen und sozialen Kosten der auf Wettbewerb und Wachstum beruhenden Märkte werden kaum internalisiert und die soziale wie auch wirtschaftliche Ungleichheit wächst ins Unermessliche.

Dass diese Einschätzungen nicht vollständig zutreffen, belegt das Buch „Wirtschaftswende. Transformationsansätze und neue ökonomische Konzepte im Vergleich“ von Hans Holzinger. Es verweist nachdrücklich auf die multiplen Krisen und spricht von einer „Welt am Scheideweg“ (S. 16), legt dann aber auch, durch zahlreiche Beispiele illustriert, dar, dass die „Welt voller Lösungen“ (S. 17) ist. Diese Zuversicht bildet gleichsam den roten Faden des Inhalts.

Aufteilung in vier große Bereiche

Das Buch ist in vier große Bereiche gegliedert. Es beginnt mit den „Befunden“, die eine daten- und faktenreiche Bestandsaufnahme der aktuellen Probleme präsentiert. Im zweiten Teil werden die „Grundlagen des Wirtschaftens“ ausgebreitet. Holzinger geht hier den Prinzipien, Funktionen und Mechanismen von Produktionsweisen, Geld, Arbeit, Wachstum und Konsum auf den Grund. Im dritten Teil werden „Neue Transformationsansätze“ diskutiert, die kohärent aus den Grundlagen folgen. Skizziert werden „Wenden“ der Arbeit, Besteuerung, städtischen Wirtschaftens, Ernährung oder Mobilität. Der abschließende Abschnitt widmet sich den „makroökonomischen Konzepten der Transformation“. Holzinger legt dabei die Schwerpunkte auf die unterschiedlichen Ansätze des grünen Wachstums, von Degrowth und des Postkapitalismus.

Das Anliegen des Buches ist es, die Vielfalt der Probleme, Ansätze und Lösungsvorschläge zu erörtern. Es bietet einen breiten Bogen konzeptioneller Überlegungen zu möglichen anderen ökonomischen Transformationspfaden. Holzinger gelingt es, der medial nicht selten vermittelten dogmatischen Verengung auf reduktionistische Wahrheiten – dem TINA-Prinzip „there is no alternative“ – entgegenzuwirken, indem er aufzeigt, wie vielfältig und nuanciert ökonomisches Denken sein kann. Er selbst plädiert für eine „moderne Bedarfsökonomie, die (wieder) den Gebrauchswert der Güter in den Mittelpunkt stellt“; diese wirtschaftliche Ausrichtung „würde uns nicht schlechter leben lassen, aber zukunftstauglich“ (S. 362).

Die Entscheidung zugunsten der inhaltlichen Breite bedingt gewisse Einschränkungen der inhaltlichen Tiefe. Die theoretischen Grundlagen sind knapp gehalten, mehr Wert wird auf eine verständliche Darstellung der Prinzipien ökonomischer Transformationsansätze gelegt. Am Ende jedes Kapitels folgt eine Zusammenfassung und eine persönliche Einschätzung der Transformationsansätze (Teil III) und deren makroökonomischen Konzepten (Teil IV). 

Eine wichtige Orientierungshilfe

Diese Struktur und inhaltliche Ausrichtung des Buches hat gleichwohl ihre didaktischen Vorzüge. Indem es einen kurzen Überblick zu den behandelten Themen bietet, schafft es die so wichtige Orientierung im Feld ökonomischer Alternativen zum vorherrschenden Paradigma der kapitalistischen Marktwirtschaft. Zugleich fordert es die Leser:innen dazu auf, zur Vertiefung die jeweilige Original- oder weitere Sekundärliteratur heranzuziehen. Holzinger weckt das Interesse nach Vertiefung und leistet auf diese Weise einen wichtigen Beitrag zur ökonomischen Bildung. Im Wissen um die wirtschaftlichen Alternativen mag dann der nächste Schritt zum entsprechenden Handeln gelingen, denn, so Holzinger: „Es braucht mehr Engagement, um sich durchzusetzen gegen das Alte, das bereits bekannt ist und seine Interessen und Pfründe gut abgesichert hat“ (S. 16).