Wirtschaft zum Glück

Ausgabe: 2013 | 1

Transformationsforschung widmet sich den Bedingungen des Wandels. Eine davon sind konkrete Projekte, die andere Wege versuchen und damit neue kollektive Erfahrungen zur Verfügung stellen. Denn Ideen werden nur wirksam, wenn es Menschen gibt, die sie in die Tat umsetzen. Solche „Pioniere des Wandels“ im Bereich neuer Unternehmensformen stellt ein von der „WOZ“ – selbst ein genossenschaftlich geführtes Medienprojekt in Zürich – herausgegebenes Buch „Wirtschaft zum Glück“ vor. Bettina Dytrich und Pit Wuhrer haben darin gemeinsam mit Ko-AutorInnen Betriebe porträtiert, deren Ziel nicht der Profit, sondern die Orientierung am Gemeinwohl sowie an einer kooperativen Unternehmenskultur ist. Manche Ansätze seien aus der Not geboren, andere vom Wunsch von Menschen getragen, ihr Geld sinnvoll anzulegen, so das Herausgeber-Duo. Insgesamt wird ein Trend zu neuen Unternehmensformen konstatiert, die – wie im Falle von Genossenschaften – ja nicht wirklich neu erfunden werden müssen, sondern nur neu zu beleben sind: „So entstehen zum Beispiel in Griechenland überall Netze der Solidarität und gegenseitigen Hilfe, die kollektiv ein Überleben ermöglichen. In Spanien kommt es wieder zu Landbesetzungen, die von erfahrenen Landarbeiter- Innen-Kooperativen unterstützt werden. In Deutschland erlebt die Genossenschaftsbewegung eine neue Blüte, in Dänemark betreiben inzwischen weit über tausend BürgerInnen-Gemeinschaften Windparks, und im krisengeschüttelten Britannien ist die Kooperative Wirtschaft in den letzten drei Jahren um zwanzig Prozent gewachsen.“ (S. 10) Doch auch im Bereich der Lebensmittelversorgung würden sich neue Erzeuger-Verbraucher- Kooperativen entwickeln, etwa Food-Coops in der Schweiz oder in Japan.  Journalistisch ansprechend aufbereitet und illustriert mit eindrucksvollen Farbbildern werden insgesamt 24 Beispiele vorgestellt – von Vertragslandwirtschaftsprojekten und Ansätzen einer „fairen Globalisierung“ über genossenschaftlich geführte Industriebetriebe wie dem Kooperativenverbund Mondragon im spanischen Baskenland, der mit High-Tech-Erzeugnissen reüssiert, oder die seit vielen Jahren tätigen Kooperativen in der Reggio Emilia, bis hin zu alternativen Finanzinstituten, etwa den Credit Unions in Großbritannien, bekannt geworden als „Banken der Armen“, und neuen Dienstleistungsbetrieben, die von der gemeinschaftlichen Hebammenpraxis in Bern über Energiegenossenschaften bis hin zu Open Source- Bewegungen reichen. Unter den Porträtierten befinden sich bekannte Projekte wie die Schönauer Stromrebellen oder der Waldviertler Schuhfabrikant Heini Staudinger, der mit handgefertigten Qualitätsschuhen Arbeitsplätze im niederösterreichischen Schrems rettete und mit neuen Finanzierungsformen dem anachronistischen österreichischen Bankenrecht in die Quere kam. Man/frau findet aber auch weniger bekannte Beispiele wie die St. Gallener Genossenschaftsbuchhandlung Comedia, die sich seit 30 Jahren am ebenfalls durch starke Konzentrationsprozesse bestimmten Markt behauptet, oder das Wiederaufleben von Gebraucht- und Altwarenläden, die in der Schweiz als „Brockenstuben“ bekannt sind. Schließlich werden auch die „selbstverwalteten ProduzentInnen dieses Buches“, die Züricher Wochenzeitung WOZ sowie der Züricher Rotpunkt-Verlag, porträtiert. Ein ansprechend gestaltetes Buch, deren „Firmenporträts“ zur Nachahmung anregen sollen, damit die Prognose der HerausgeberInnen „Wir werden immer mehr“ auch tatsächlich zutrifft. H. H.

 

Wirtschaft zum Glück. Solidarisch arbeiten heute, weltweit. Hrsg. v. Bettina Dyttrich, Pit Wuhrer. Zürich: Rotpunktverl., 2012. 267 S., € 22,- [D], 22,80 [A], sFr 29,- ; ISBN 978-3-85869-498-0