Charlotte Klonk

Terror

Ausgabe: 2018 | 3
Terror

Die Kunsthistorikerin Charlotte Klonk hat ein spannendes Buch über Bilder und deren Rolle für terroristische Akte geschrieben. Terroristische Gewaltanwendung hat vor allem ein Ziel: „die Verbreitung von Angst und Schrecken durch maximale Resonanz in den Massenmedien“ (S. 23). Die Autorin unterscheidet dabei zwischen „nahen“ und „fernen“ Bildern:

Nahe Bilder sind Bilder von Anschlägen bzw. Bombenattentaten und deswegen „nahe“, weil sie inmitten der Gesellschaft stattfinden. Die Bildberichterstattung dazu folgt seit dem 19. Jahrhundert den gleichen Mustern: „Die eigenen Verletzten und Toten zeigt man in der Regel nicht, mit denen der Feinde ist man weniger zimperlich“ (S. 63). Dazu kommt es oft zu einer Ästhetisierung des Schreckens, wie etwa die Fotos der Anschläge vor 9/11 zeigen: Die Explosionen im wolkenlosen Himmel werden als Zerstörung des Paradieses inszeniert (vgl. S. 69). Im Zuge solcher Anschläge stechen einzelne Fotos heraus und kreieren „Medienikonen“ – Fotos, welche Schrecken dokumentieren, aber auch Mut, Trotz und Ungebrochenheit. Man denke an die Fotos von Feuerwehrmännern im Einsatz bei 9/11 oder von zivilen Helfern nach den Anschlägen in London 2005.

Bei fernen Bildern haben meist die TerroristInnen die Kontrolle darüber, welche Bilder überhaupt in den Umlauf gebracht werden: Geiselnahmen und Entführungen sperren mediale Öffentlichkeit aus. Zudem kann mediale Berichterstattung auch dem staatlichen Interesse entgegenstehen: Nachrichtensperre vs. Information; Strategie vs. Emotion. Geiselfotos spielen hier eine besondere Rolle: Für die Geiseln und deren Angehörige, als Lebens- und Hoffnungszeichen, für die Geiselnehmer, um eine klare Botschaft in die Welt zu schicken und für den herausgeforderten Staat, der durch die Veröffentlichung solcher Bilder gedemütigt werden soll (vgl. S. 111). Der Umgang mit solchen Fotos ist daher komplex.

Propaganda mit Terror-Fotos

Auch der Staat betreibt Propaganda mit Terror-Fotos:  Auch Gegenangriffe werden so legitimiert. Eine weitere Strategie ist, die TerroristInnen mit Bildern zu demütigen – wie etwa das Foto des bei seiner Verhaftung nackten Andreas Baader. Frauen werden häufig sexualisiert und objektiviert dargestellt, mit anzüglich-verrückter Kleidung, geöffneten Lippen, selbst im Tod: eine Antwort auf die gesellschaftlich ungehörige Tatsache, dass Frauen Täterinnen sind (vgl. S. 182f).

Klonk beschließt dieses Buch mit einer Reflexion zur Bildethik – wie soll man mit Bildern des Terrors umgehen? Eine zentrale Richtlinie: Zensur kann niemals eine Antwort sein. Selbst wenn im konkreten Fall viel für die Zurückhaltung von Bildern sprechen sollte, kann dies problematische Konsequenzen haben: „Selten wird berücksichtigt, welche Freiheitsbeschränkungen dafür in Kauf genommen werden müssten, die letztendlich nur als Erfolg der Angreifer in ihrem Bemühen um die Destabilisierung der Gesellschaften zu werten wären“ (S. 224). Gleichzeitig müssen Opfer geschützt werden – das Persönlichkeitsrecht darf nicht dem Medieninteresse geopfert werden. Dies gilt übrigens auch für die Täter, deren Würde nicht durch bildliche Demütigungen genommen werden darf. Mit der Verbreitung von Smartphones und Social Media hat das Bild vom Terror eine neue Bedeutung bekommen: „Spätestens mit ihnen (…) müssen sich nicht mehr nur Bild- und Nachrichtenredakteure über einen verantwortungsvollen Umgang mit den Bildern Gedanken machen, sondern potentiell jeder und jede, der oder die ein aufnahmefähiges Gerät bei sich trägt (…).“ (S. 92)