Weltausstellung und Stadtzukunft

Ausgabe: 1991 | 2

Während Sevilla schon im kommenden Jahr die Welt zu Gast hat, und die Donaumetropolen den selbstverordneten Brückenschlag nach Zögern, politischem Ungeschick und einem überraschend deutlich ausgefallenen Votum der Wiener Bevölkerung nicht vollziehen mochten, sind aus Hannover erste verheißungsvolle Töne zu vernehmen: Dort werden im Jahr 2000 "Mensch - Umwelt - Technik" Gegenstand einer Weltausstellung sein, die - geht es nach dem Willen der hier versammelten Autoren - neue, andere Akzente setzen soll. Konnten die seit 1851 durchgeführten Leistungsschauen industriellen Fortschritts bislang auf breite Zustimmung aller Betroffenen zählen, so hat sich das Bild gewandelt. Nicht nur die Besuchermassen - bis zu 300000 werden pro Tag erwartet - haben dazu geführt, dass sich vorerst nur eine knappe Mehrheit mit dem Mammutprojekt anfreunden konnte. Kann es, wie Robert Jungk 8S vorschlägt, indes gelingen, "Signale einer ganz anderen Zukunft" zu setzen, wäre es weniger eine Leistungsschau "als Vorschau auf künftige Notwendigkeiten und deren schöpferische Bewältigung", so könnten von Hannover schon in Kürze entscheidende Impulse für das kommende Millenium ausgehen. Wie Arbeit sinnvoll gestaltet, sanfte Technologien eingesetzt und menschenwürdige Siedlungen gebaut werden können, lißse sich wegweisend darstellen. Der Entwicklung der sozialen Phantasie (Workshops, Ideenbörsen) auf breiter Ebene soll Raum gegeben werden, und es ist daran gedacht, die ganze Region unter Einbeziehung der Bevölkerung zum EXPOnat zu machen.

Neben den obligat optimistischen Stimmen verdienen vor allem jene Beiträge Beachtung, die das Großprojekt im Rahmen urbaner Umwelt- und Kulturpolitik einzuordnen suchen. So beschäftigt sich Walter Siebe mit dem Aspekt der „Festivalisierung" von Politik und äußert sich Hermann Glaser zur "Zukunft der Stadtkultur". Monika Griefhahn lotet Möglichkeiten einer mustergültigen ökologischen Abfallpolitik aus und Ursula Müller mahnt mit treffenden Beispielen die Berücksichtigung feministischer Forderungen ein. Hier ist in groben Zügen ein Projekt festgeschrieben, dass einem großen Thema gerecht zu werden sucht. Es bleibt abzuwarten, ob das Jahr 2000 hält, was zu Ende 1990 angeregt bzw. in Aussicht gestellt wurde. 

Das Expo-Projekt. Weltausstellung und Stadtzukunft. Hrsg. v. Arno Brandt ... Hannover: Fackelträger-Verl., 1991. 208 S., DM 19,80/ sFr 16,80/ öS 154,40