Stadtgestaltung für Alle!

Ausgabe: 2020 | 1
Stadtgestaltung für Alle!

Kreativität und Teilhabe in der Stadt

Die Kulturanthropologin Laila Lucie Huber hat am Beispiel von Salzburg erforscht, wie „Kreativität und Teilhabe in der Stadt“ (so der Titel des Buchs) entstehen und gefördert werden können. Die Autorin startet mit theoretischen Bezugspunkten wie „Kreativität als soziale Kraft“ (S. 57ff.), „Ökonomisierung von Kreativität im zeitgenössischen Kapitalismus“ (S. 65ff.) oder dem „Verhältnis von Kunst und Politik“ (S. 74). Sie gibt in der Folge einen Überblick über die „Stadt als Forschungsgegenstand in Ethnologie und Soziologie“ (S. 89ff.), um dann spezifisch auf die Stadt Salzburg im Kontext von Kultur bzw. Alternativkultur einzugehen. In Interviews mit AkteurInnen der Szene werden Fragen der autonomen Raumaneignung durch junge Kunstinitiativen, Kunstaktivitäten in Stadtteilen sowie Initiativen für handwerklich-materielles Tätigsein behandelt. In ihrer Abschlussbemerkung spricht Huber von „Topografien des Möglichen“ (S. 369ff.) durch die Selbstorganisation kultureller und politischer Initiativen, „die ihre Wünsche, Vorstellungen und Träume durch ihre jeweiligen Praxen in die Realität umsetzen“ (S. 369). Das Werk beleuchtet die Bedeutung kreativer Milieus für eine Stadt, die unterschiedlichen Formen der Raumaneignung durch Gruppen und gibt einen guten Überblick über den Forschungsstand zum Thema „Kultur und Stadt“.            

Huber, Laila Lucie: Kreativität und Teilhabe in der Stadt. Initiativen zwischen Kunst und Politik in Salzburg. Bielefeld: transcript, 2018. 426 S., € 39,99 [D], 42,- [A]

 

Stadt für Alle!

Mit „Urban Citizenship“ wird die Teilhabe aller Menschen bezeichnet, dort wo sie leben. Gemeint ist damit politische Partizipation ebenso wie die soziale Teilhabe. Ein von Heidrun Aigner und Sarah Kumning herausgegebener Band „Stadt für alle“ liefert theoretische Begründungen und Praxisbeispiele dafür, wie Städte zu Akteuren politischer Veränderung und sozialer Inklusion werden können. „Während das herkömmliche Citizenship-Verständnis stark auf den Nationalstaat ausgerichtet ist, geht es in aktuellen Debatten um Urban Citizenship darum, neue Visionen zu entwickeln, in denen Zugehörigkeit und soziale Inklusion auf anderen Kriterien als der Nationalität und dem Aufenthaltsstatus beruhen“, so Sarah Schilliger, eine der AutorInnen (S. 17f.). Katharina Morawek ergänzt, dass „Stadtbürger_innenschaft die Anpassung politischer Instrumentarien an die vielfältige Normalität moderner (Groß)-Städte“ (S. 84) bedeutet. Als praktisches Beispiel hierfür gelten „Sanctuary Cities“, die sich weigern, an der nationalen Abschiebungspolitik mitzuwirken. Die Beiträge des Bandes beleuchten unterschiedliche Facetten über die Ausgrenzung von Personengruppen, den San Papiers, den Notreisenden oder SexarbeiterInnen, und wie dieser entgegengewirkt werden kann. 

Stadt für alle! Analysen und Aneignungen. Hrsg. v. Heidrun Aigner u. Sarah Kumnig. Wien: Mandelbaum Verl., 2018. 248 S., € 17,- [A, D]

 

Urbane Kleinstädte

Klaus Burmeister und Ben Rodenhäuser von forsightlab haben im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung urbane Kleinstädte in Deutschland untersucht und kommen zu interessanten Ergebnissen. Städte in peripheren Lagen weisen nicht nur Probleme auf, wie Bevölkerungsschrumpfung oder Ausdünnung der Infrastrukturen, sondern auch Vorzüge. So wird von den Befragten das langsamere Tempo, die größere Nähe zu Erholungsflächen, das höhere Sicherheitsgefühl und eine höhere Lebensqualität durch kürzere Wege als Vorteil gegenüber der Großstadt gesehen. Auch das stärkere Mitwirken von Bürgern und Bürgerinnen an der Gestaltung der Stadt sowie das größere Potenzial des Bewirken-Könnens werden als Vorzüge genannt. Kleinstädte könnten in diesem Sinnen als Lern- und Experimentierräume für Transformationsprozesse gesehen werden, so die Autoren.

Burmeister, Klaus; Rodenhäuser, Ben: Urbane Kleinstädte. Bonn: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, 2018. 59 S., kostenlos als Download

 

Pioniere des Wandels und städtische Kulturen der Nachhaltigkeit

Angela Firmhofer hat sich in ihrer Forschungsarbeit auf PionierInnen des Wandels in drei Städten, die sich der Nachhaltigkeit verschrieben haben, eingelassen: München, Barcelona und Kopenhagen. Porträtiert werden Transition Town-Initiativen in den drei Städten sowie Bildungs- und Partizipationsprojekte. In qualitativen Interviews hat die Autorin Beweggründe, Konzepte und Erfahrungen der AkteurInnen in deren Engagement erfragt und Herausforderungen für die Städte identifiziert. Wertvoll sind zudem die theoretischen Ausführungen, zu Sozial- und Stadtentwicklung, etwa Pierre Bourdieus Kapitalsorten, sowie die Reflexion der Interviews im Schlussteil. Dabei skizziert Firmhofer auch Lernpotenziale aus den drei Städten, die auf andere Projekte übertragen werden können. Eine umfangreiche und anspruchsvolle Abhandlung.

Firmhofer, Angela: Pioniere des Wandels und städtische Kulturen der Nachhaltigkeit. Beispiele für zivilgesellschaftliche Transformation in München, Barcelona und Kopenhagen. München: oekom, 2018. 354 S., € 34,95 [D], € 26,00 [A]