Wege zur intellektuellen Selbstverteidigung

Ausgabe: 1997 | 4

 Wer „Manufacturing Consent: Noam Chomsky and the Media", die sehenswerte "Dokumentation besonderer Art", die jüngst in "ARTE" zu sehen war, versäumt hat. dem bietet sich die Gelegenheit, den Film an hand des vorliegenden "Bilderbuchs" nachzulesen und dabei in die Gedankenwelt und Biographie dieses amerikanischen enfant terrible einzutauchen, daß es Chomsky um Durchblick und - bisweilen beißende - Kritik geht, wird in allen Teilen des Buches deutlich, das übersichtlich gegliedert ist und alle gesprochenen Passagen des Films enthält. Die von seinen Kritikern als "zu einseitig", "linkslastig" oder "zu wenig differenziert" bezeichnete Gesellschaftsanalyse Chomskys geht davon aus, daß das Establishment. bestehend aus den wichtigsten Entscheidungsträgern in Politik, Militär, Wirtschaft und Medien   ganz gezielt den Machterhalt und -ausbau betreibt - und gerade deswegen alle Minderheitsmeinungen und -informationen zurückdrängt und unterdrückt. Damit besteht die Demokratie (mit Meinungsfreiheit etc.) gar nicht, zumindest nicht so, wie dem unbedarften Zeitgenossen vorgegaukelt wird. Chomsky kennt keine unabhängigen, sachlich orientierten Meinungsmacherinnen oder -trägerinnen, wenn er sagt: "Ein Experte ist ein Mensch, der den Konsens der Mächtigen in Worte faßt." (S.219) Zugegeben: Chomsky, der ja selbst nicht "nur" Wissenschaftler (Linguist) ist. sondern auch politischer Aktivist, der sich besonders für verfolgte Volksgruppen (z, B. in Osttimorl einsetzt, schießt bisweilen über das Ziel hinaus. Dennoch kenne ich ganz wenige Autorlnnen, die in dieser Radikalität zu Gesellschaftsanalyse und -kritik fähig sind. Von diesem Standpunkt ist diese Dokumentation (und darüber hinaus das Opus Chomskys) uneingeschränkt zu empfehlen, besonders jenen, die von der oftmals verflachenden Diskussion über Gesellschaft, Politik usw. enttäuscht sind. PA.

Chomsky, Noam: Wege zur intellektuellen Selbstverteidigung. Medien, Demokratie und die Fabrikation von Konsens. Hrsg. v. Mark Achbar. München: Marino-Verl., 1996. 240 S., DM 39, - / sFr 36, - / öS 285