Für einen ökologisch-solidarischen New Deal

Ausgabe: 1997 | 4

„crossover" - so nennt sich eine seit gut zwei Jahren arbeitende Gemeinschaftsinitiative der Zeitschriften "Sozialistische Politik und Wirtschaft", "Andere Zeiten" und "Utopie kreativ", die - in selbiger Reihenfolge - von Mitgliedern der SPD, von Bündnis 90/Die Grünen und der PDS getragen werden. Ziel ist der "breite Dialog innerhalb der politischen Linken in der Bundesrepublik" zur ”Erarbeitung politischer Alternativen zu Massenarbeitslosigkeit sozialer Spaltung und ökologischer Krise" (S.9). So werden die 19 Beiträge dieses Bandes folgerichtig eröffnet mit Ausführungen zu einem "ökologischen New Deal", den W. Brüggen wesentlich mit drei Projekten umschreibt: 1. Schaffung eines dritten Wirtschaftssektors, "in dem ökologische und kulturelle Güter produziert werden", 2. radikale Arbeitszeitverkürzung und 3. "Umbau des fordistischen Fürsorgestaates zu einem wieder gestaltungsmächtigen und verschlankten Transferstaat" (S. 21). Mehrfach betont werden Ansätze "lokaler Ökonomie" und "kommunaler Mitbestimmung" - D. Klein und L. Brangsch stellen etwa die "Lokale Agenda 21 "sowie das "Netzwerk Gesunde Städte" als Beispiele hierfür vor -, wie überhaupt die Selbstartikulierung der Betroffenen sowie ihre Einbindung in die Politik als Handlungsstrategie gegen Neoliberalismus wie Politikverdrossenheit empfohlen wird. "Die Demokratisierung der Demokratie wagen", so etwa lautet der Titel eines Beitrags von A. und M. Brie.  Beiträge zur "deutschen Ost-West-Spaltung" enthalten wichtige Reflexionen nicht nur zu einer linken Bündnispolitik, sondern auch zur Integration der POS in das parlamentarische System. Ausgehend von Habermas' Begriff der "Anerkennung" kritisiert dabei M. Jäger nicht nur die Ignoranz der Großparteien, sondern ortet auch Handlungsbedarf bei der POS: "Den linken Block erkennt sie an, dem rechten sagt sie ein vernichtendes Nein. Jedenfalls kommt ihr Sprechen dort so an." (S. 96) E. Göll vom Institut für Zukunftsstrategien und Technologiebewertung (Berlin) beschreibt nicht nur kommunale Ansätze "progressiver Politik in den USA" und das Ringen um eine ”Third party", sondern gibt - gleichsam als Frühwarnung auch für Europa - eine ausgezeichnete Beschreibung des generellen Politikverfalls in den Vereinigten Staaten. Die Parteienstruktur erodiert immer mehr, Werbeagenturen und Beratungsfirmen ersetzen politische Parteien und Programme, Meinungsumfragen ersetzen politische Diskurse, Inszenierungen ersetzen politische Arbeit", S. 154). Das vorliegende Buch ist der gelungene Ausdruck einer Suche nach neuen linken Orientierungen (es geht nicht nur darum, sich durchzusetzen, sondern gleichzeitig darum, etwas Neues zu schaffen': S. 253). Mehrfach wird Bezug genommen auf Gramscis Ziel der Erlangung von Hegemonie': also der Gewinnung von Einfluß auf Menschen (in letzter Konsequenz auf Mehrheiten), indem man/frau sich auf deren Lebenswelten einläßt und diesen hilft, ihre Probleme zu artikulieren. Der "ökologisch-solidarische Umbau der Industriegesellschaft" wird als übergeordnetes Zukunftsprojekt anvisiert, in dem es nicht mehr um ”Sowjetmacht plus Elektrifizierung, sehr wohl aber um Massendemokratie plus Solarwirtschaft" (S.253) geht H. H.

Zur Politik zurück. Für einen ökologisch-solidarischen New Deal. Hrsg. v. Crossover. Münster: Westfälisches Dampfboot, 1997.264 S., DM 29,80/ sFr 29,80 / öS 232,50