Verkehrswende und fehlendes kollektives Bewusstsein

Ausgabe: 1995 | 3

Der Ozonsmog ist mit Werten von über 300 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft - normal ist eine Belastung zwischen 30 und 90 Mikrogramm - in die Schlagzeilen geraten. Die Belastung liegt heute, so das Heidelberger Umwelt- und Prognose-Institut (UPI), fünfmal so hoch wie zur Jahrhundertwende. Um dieser Gefährdung entgegenzuwirken, haben Bremen und Niedersachsen 1994 eine Smog-Verordnung erlassen und Hamburg ein generelles Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen festgelegt. Diese Gegenmaßnahmen können nach Ansicht des Autors zwar dazu beitragen, die Spitzenwerte abzusenken, nicht jedoch die Entstehung hoher Ozonkonzentrationen verhindern. Jürgen Siebert, Sozialpädagoge und Klimaexperte, beschreibt im Auftrag der Umweltschutzorganisation Robin Wood die Auswirkungen des Reizgases Ozon auf Mensch und Natur. Besonderes Augenmerk widmet er dabei dem motorisierten Verkehr als Hauptverursacher. Eine Verkehrswende hält er grundsätzlich für möglich - Voraussetzung sei aber eine Änderung des kollektiven Bewußtseins, gegen die zumindest kurzfristig, alle Fakten und Prognosen sprechen. "Eine ökologisch orientierte Verkehrspolitik muß darauf zielen, Strukturen, die zwangsläufig Verkehr erzeugen, aufzubrechen und in erster Linie Verkehrsströme zu reduzieren."

Neben längerfristigen Maßnahmen wie Verkehrsvermeidung, Verkehrsverlagerung, Energieeffizienz und die Umsetzung eines Modells "Autofreie Stadt" fordert Robin Wood auch Sofortmaßnahmen. Diese zielen auf ein generelles Tempolimit bzw. Fahrverbot bei Ozonalarm, wirksame Strafandrohung und -verfolgung, den Ausbau des ÖPNV sowie auf eine Erhöhung der Mineralölsteuer um vorerst 5 DM pro Liter. Eine von Robin Wood im Jahr 1994 in Bremen eingebrachte Musterklage wegen Ozon wurde zwar eiligst abgelehnt, weitere Klagen für den Sommer 1995 sind jedoch angekündigt, um so das “verfassungsrechtlich geschützte Grundrecht auf Gesundheit" einzufordern. Die Politik ist also aufgerufen, konkrete Schritte zu setzen, bleibt aber gewohnt zurückhaltend.

A. A.

Siebett. Jürgen: Ozonalarm: Autoverkehr und Sommersmog. Gefahren und Gegenstrategien. Hrsg. v. Robin Wood. Göttingen: Verl. Die Werkstatt, 1995. 160 S., DM/sFr 18,-/ÖS 141,-