Carl Waßmuth, Winfried Wolf

Verkehrswende. Ein Manifest

Ausgabe: 2021 | 3
Verkehrswende. Ein Manifest

In 20 Punkten beschreiben Carl Waßmuth und Winfried Wolf in ihrem „Manifest für eine Verkehrswende“ ein Programm für den radikalen Umbau des (deutschen) Verkehrssystems. Sie plädieren für Tempolimits (120 km/h auf Autobahnen, 80 km/h auf sonstigen Schnellstraßen und 30 km/h in Wohngebieten, S. 18ff.), einen „Öffi-Nulltarif“ (S. 64) sowie generell für eine Verkehrsmarktordnung, die den „grünen Verkehrsarten“ (auch Umweltverbund genannt) Vorrang vor den „roten Verkehrsarten“ (Autoverkehr, Fliegen, Hochseeschifffahrt) einräumt, indem erstere ausgebaut werden und letztere die wahren Kosten bezahlen müssen (S. 27ff.). Plausibel argumentiert wird eine Rückkehr zur „Strukturpolitik der kurzen Wege“ (S. 32) sowie die Aufwertung des Zu-Fuß-Gehens („Die ersten aller Verkehrsmittel sind die Füße“, S. 40) sowie des Fahrradverkehrs (vorgeschlagen wird eine Verdreifachung für Deutschland, S. 49).

Viele Vorschläge beziehen sich – bis stark ins Detail gehend – auf den Ausbau des Öffentlichen Verkehrs in Deutschland, die Verdichtung des Bahnnetzes, die Rücknahme der Privatisierung der Deutschen Bahn (Wasmuth ist Infrastrukturexperte und Mitbegründer der Initiative „Gemeingut in Bürgerhand“) oder den Aufbau eines europäischen Nachtzugsystems, das Kurzflüge ersetzen soll. Fliegen dürfe nicht länger subventioniert (Stichwort Ausbau der Fluginfrastruktur) und soll signifikant teurer werden. Der Güterverkehr sei deutlich zu reduzieren und auf Binnenschiff und Schiene zu verlagern (S. 137ff.). Es gäbe kein „Grundbedürfnis Mobilität“ und schon gar kein „Grundbedürfnis Fliegen“ (S. 117), sondern nur Wege, die für Arbeit, Einkaufen und Freizeit zurückzulegen sind, so die Autoren. Statt Geschäftsreisen gäbe es seit langem Videokonferenzen, Urlaub sei auch mit der Bahn möglich, die entsprechende Infrastruktur vorausgesetzt. Die Arbeitsplätze in der Autoindustrie würden überschätzt (unter ein Prozent der Arbeitsplätze der Weltwirtschaft, S. 183), zugleich würde die Mobilitätswende zahlreiche neue Jobs schaffen, argumentieren Waßmuth und Wolf im Schlusskapitel zur Dursetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen. Dazu müsse die Autoindustrie auf „klimaschonende Produkte konvertiert“ und „unter demokratische, öffentliche Kontrolle“ (S. 167) gestellt werden.

Ein wichtiger Band mit zahlreichen Vorschlägen. Die apodiktische Ablehnung des E-Autos wäre allerdings zu diskutieren.