Bernhard von Mutius

Über Lebenskunst in unsicheren Zeiten

Ausgabe: 2023 | 4
Über Lebenskunst in unsicheren Zeiten

„Über Lebenskunst“ heißt der neue Titel von Bernhard von Mutius. Wer das als „Überlebenskunst“ lesen würde, hätte doch richtig verstanden. Denn in dem Buch geht es nicht um die Lebenskunst, die gewöhnlich mit diesem Begriff gemeint ist. Es geht um eine andere Form, eine andere Art von Lebenskunst, die eher mit Disruption zu tun hat als mit Konvention. Mit dem Ungewöhnlichen mehr als mit dem Gewöhnlichen und Gewohnten. Es geht um die Brüche und Umbrüche, die in den letzten Jahren an Dramatik gewonnen haben und die Frage des Überlebens neben die nach dem guten Leben stellen. Auf diese Krise will dieses Buch eine Antwort geben. Das nicht in Lektionen, auch nicht mittels Tools und Methoden und schon gar nicht mittels in Akronyme gezwungener XY-Coaching-Formeln. Sondern in kleinen Lebensweisheiten und sinnigen Geschichten.

Vier Eckpunkte umreißen das Feld der Lebenskunst, von Mutius nennt dies „das magische Viereck“ (S. 15). Diese vier Punkte geben dem Buch auch seine Gliederung vor: der Lebensmut, der Lebenssinn, die „Disziplin und Kunst, Brücken zu bauen“ sowie das Anfangen (ebd.). Anfangen meint dabei nicht den großen Plan, die ausgefeilte Strategie, das große Projekt. Sondern Anfangen meint: mit Freundlichkeit und kleinen Dingen. Anfangen „mit ganz einfachen, freundlichen Schritten im Alltag“ (S. 15). Weil Freundlichkeit „uns hilft, in einer Zeit der Ungewissheit miteinander respektvoll und menschenwürdig umzugehen“ (S. 164). Es sind die kleinen Dinge, die kleinen Formen, die in ihrem Zusammenspiel „das Leben […] lebenswerter, manchmal liebenswerter und gelingender“ machen, so der Autor. Hier gilt es zu beginnen. Dieses Prinzip spiegelt sich auch im Buch. Es ist die kleine Form, die es prägt: die Anekdote, die Geschichte, das Erzählerische, das in der eigenen Erfahrung gründet. „Ich kenne da eine Geschichte“, wie es recht weit am Anfang heißt, ist das Stilprinzip des Buches (S. 7). Lebenskunst „ist die Geschichte in der Geschichte, mit der etwas anfängt“ (ebd.). Und natürlich geht es auch um Bernhard von Mutius’ großes Thema, den Umgang mit unserem Nichtwissen. Auch das hat mit Lebenskunst zu tun, sehr viel sogar: „Erst wenn wir zugeben, nicht mehr weiter zu wissen, finden wir vielleicht weiter“ (S. 10).