Srećko Horvat geht es um die Zeit nach der Apokalypse. Wer nun glaubt, der Philosoph und Aktivist spekuliere über die Zukunft, irrt. Denn Horvat sagt, dass die Apokalypse bereits präsent sei. Um das Argument zu verstehen, muss man Horvats Definition der Apokalypse kennen, die er mit der ursprünglichen griechischen Bedeutung des Wortes apokalypsis begründet. „When the term ‚Apocalypse‘ is used throughout this book, it is not referring to ‚the end of the world‘, but to the ‚unveiling‘ of the inevitability of the end of the world as we know it – namely, extinction.“ (S. 13)
Horvat widmet sich dem Klimawandel und dessen Auswirkungen, reflektiert über Leben im nuklearen Zeitalter, unternimmt eine spekulative Reise auf die Marshall-Inseln, wo Auswirkungen von nuklearer Verseuchung und steigendem Wasserspiegel zusammenfallen. Seine Konklusion: Die Apokalypse hat bereits stattgefunden, wenn wir weitermachen wie bisher.
Die aktuelle Zerstörung der Welt wird ermöglicht, weil wir die dahinterliegenden Prozesse für „normal“ halten. Die Fortsetzung der oder die Rückkehr zur „Normalität“ sei das wirkliche Problem. Entgegen alten Erzählungen wird diesmal kein neues Königreich auf die Apokalypse folgen – der einzige Horizont unseres Handelns sei das Aussterben des Menschen. Damit konfrontiert, suchen wir nach Bedeutung, Erklärungen und einem passenden gesellschaftlichen wie privaten Umgang. Horvat nennt dies die Infektion der Semiosphäre (vereinfacht: des Sprechens) durch die Biosphäre. Die Menschheit sei dabei nicht in der Lage, die Gefahr zu verstehen. Das Aussterben überfordert unseren Verstand und geht sogar über unsere Vorstellungskraft hinaus. Horvat bricht nun eine Lanze für eine Form der Melancholie in Anbetracht der Situation. Mit Walter Benjamin meint er, dass Melancholie kein passiver, sondern ein spielerischer Umgang mit Trauer sein kann, wodurch eine konstruktive, sogar politische Herangehensweise gelingen könne.
Unsere einzige Chance nach der Offenbarung, dass das Ende der Welt begonnen habe, ist ihre radikale Neuerfindung. Horvat spricht von einem neuen Umgang mit Zeit. Diese solle nicht mehr dem Fortschritt zur Seite stehen: denn die Erfindung des Schiffes war die Erfindung des Schiffswracks, der Beginn der Nutzung der Nuklearenergie war die Schaffung des Supergaus von Tschernobyl. „There is no progress without catastrophe.“ (S. 144) Das an dieser Stelle des Arguments endende Buch lässt melancholisch werden. Vielleicht die Intention des Autors.