Über Abrüstungsbemühungen und Zukunft der Streitkräfte

Ausgabe: 1992 | 3

Mit dem Wegfall der Ost-West-Konfrontation und der Auflösung des Warschauer Paktes hat in Deutschland das Gefühl militärischer Bedrohung weitgehend seine Bedeutung verloren; die Bundeswehr ist - wie auch die NATO - in große Legitimationsprobleme geraten. Die vorliegende Dokumentation einer im Frühjahr 1991 stattgefundenen Tagung des „Arbeitskreises Militär und Sozialwissenschaft" erörtert die Frage, wie die Streitkräfte in Deutschland künftig auszusehen hätten um "von einem breiten gesellschaftlichen Konsens getragen und nicht allein als „notwendiges Übel' angesehen" zu werden. Mehrere Beiträge plädieren für die Beteiligung der Bundeswehr an internationalen Streitkräften (UNO, NATO, WEU), für sogenannte "out of area"-Einsätze. An Sympathien gewinnt die Abschaffung der Allgemeinen Wehrpflicht und der Übergang zu einer Berufsarmee. Kontrovers wird das zukünftige Soldatenbild diskutiert: Hervorkehrung des· "Schutzmannes des Friedens" oder Betonung des einsatzbereiten Kämpfers? Der NATO wird unveränderte sicherheitspolitische Notwendigkeit attestiert, die Strategie der "nuklearen Abschreckung" dürfe nicht vorschnell über Bord geworfen werden, da von der militärischen Großmacht Sowjetunion - zum Zeitpunkt der Tagung existierte diese noch! - noch immer Gefahr ausgehen könne. Durchgehend zu erkennen ist das eurozentrierte Weltbild der versammelten Militärwissenschaftler (islamischer "Fundamentalismus" als neue "Gefahr"). In Kontrast zum Gesamtband steht der einleitende Beitrag, der als einziger die grundsätzliche Frage nach der Überwindung der „Militärlogik" stellt. Ausgehend von der Überzeugung, dass das Ziel nicht der Erhalt des Systems Militär ist, sondern etwas "Besseres" zu finden, setzt sich Wolfgang R. Vogt kritisch mit unterschiedlichen Legitimierungsstrategien für die Bundeswehr auseinander und entwickelt ein umfassendes Transformationsmodell für die Reduzierung und Zivilisierung militärischer Macht", das auf ein System weitgehend ziviler Sicherheits- und Friedensdienste abzielt und den Übergang von der "spätmilitärischen" In die „nachmilitärische" Ara einleiten soll. H. H.

Die Zukunft der Streitkräfte angesichts weltweiter Abrüstungsbemühungen. Hrsg. v. Gerd Kaldrack Baden-Baden: Nomos Verlagsges. 1992. 155 5., DM 28,-/ sFr 23,70/ öS 218,40