Braucht Österreich eine Armee?

Ausgabe: 1992 | 1

Dieser von der Grünen Bildungswerkstatt unterstützte Band stammt von Autoren aus der „Initiative Österreich ohne Heer" und beschäftigt sich mit der Frage nach der Notwendigkeit von Österreichs Heer, eingebettet in eine grundsätzliche Diskussion über die Sinnhaftigkeit von Militär überhaupt. Der erste Teil des Buches widmet sich der Theorie. Gerhard Dunkl unternimmt eine umfassende ldeologiekritik am "Glauben an die Verteidigungsfunktion des Militärs", Claudia Werlhof analysiert die vielfältigen Erscheinungsformen von Gewalt in unserer Gesellschaft. Ein Aufsatz des Berliner Politologen Ekkehart Krippendorff beschreibt den Stand der Entmilitarisierungsinitiativen in anderen europäischen Ländern, einige Ausschnitte von Verena Fiegl ergänzen den Theorieteil um Aspekte der "militärischen Zurichtung des Mannes" aus feministischer Sicht. Der zweite Teil beschäftigt sich konkret mit der österreichischen Situation. Peter Steyrer kritisiert die "Umfassende Landesverteidigung" als Vernebelung vieler in Wirklichkeit vom Militär dominierter Strukturen. Hans Wolker hat viel Material über die Aktivitäten des österreichischen militärischen Geheimdienstes zusammengetragen. Christoph Parnreiter hat zahlreiche Beispiele für Kooperationen des Bundesheeres mit Bundeswehr und NATO recherchiert. Gerold Ecker untersucht die Folgen eines EG-Beitritts Österreichs in militärischer Hinsicht. Zum Schluss gibt Gerhard Jordan einen Überblick über die Geschichte der antimilitaristischen Bewegungen in Österreich und versucht einen (leider äußerst kurzen) Ausblick auf in einer Abschaffung des Heeres gelegene Chancen und Möglichkeiten. (Diese Überlegungen zu Alternativen einer auf Militär beruhenden Sicherheitspolitik werden für einen späteren Band angekündigt.) Ein Buch, das viel bemerkenswertes Material über bisher der Öffentlichkeit nicht bekannte Aktivitäten des militärischen Komplexes der Diskussion zugänglich macht. Leider bedienen sich etliche der theoretischen Beiträge einer ideologisch fixierten, zum Teil spätmarxistischen Argumentation, sodass der selbstgestellte Anspruch, zur Diskussion über die Abschaffung des Heeres "wissenschaftlich fundiert und verständlich formuliert" beizutragen, wohl nur bei bereits Überzeugten eingelöst wird. W. R.

verHEERend. Braucht Österreich eine Armee? Gerhard Dunkl ... (Mitarb.) Linz: Ed. Sandkorn, (1991). 2585., DM 19,-lsFr 16,-löS 148