Die wachsende Unzufriedenheit von Studierenden mit der orthodoxen wirtschaftswissenschaftlichen Lehre, die im Jahr 2000 ausgerechnet an der Pariser Eliteuniversität Sorbonne mit der Kritik an einer „autistischen Wirtschaftswissenschaft“ ihren Ausgang nahm, ist auch der Ausgangspunkt von Christian Felbers Kritik an den Wirtschaftswissenschaften. Der Begründer der Gemeinwohlökonomie sieht – wie Helge Peukert – in der sich naturwissenschaftlich gebenden Mathematisierung der Ökonomik sowie im Ausblenden pluralistischer Ansätze das Hauptproblem der akademischen Lehre sowie der die Politik und Öffentlichkeit beratenden Wirtschaftsinstitute. In seiner linguistischen Spurensuche geht Felber noch einen Schritt weiter, wenn er der herrschenden Lehre vorwirft, fälschlicherweise von „Ökonomie“ zu sprechen, während „oikonomia“ die Lehre vom Haushalt meine, die alle wirtschaftlichen Aktivitäten umfasse, auch und gerade die nicht monetär bewerteten. Was landläufig als Ökonomie bezeichnet wird, sei eigentlich „Chrematistik“, also die Lehre vom Geld machen, so Felber im Rekurs auf Aristoteles. Daher der Titel des Buches „This is not Economy“.
In fünf Abschnitten entfaltet Felber seine Bedenken gegen die herrschenden Wirtschaftswissenschaften. In „Panoptikum der Kritik“ widmet er sich Aspekten wie der „Geschichts- und Kontextlosigkeit“ (S. 13ff.), der „Mathematisierung“ und Modellfixierung (S. 25ff.), dem „theoretischen Monismus“ (S. 89ff.) sowie der „Interdisziplinaritätsresistenz“ (S. 97ff.) der führenden ökonomischen Schulen. Felber scheut dabei sarkastische Töne nicht, wenn er etwa von „Gleichgewichtsmärchen“ (S. 54ff.) oder der „Bildung von Egoisten“ (S. 115ff.) spricht. Im zweiten Abschnitt „Radikale Amnesie“ geht es um den Vorwurf der Verdrängung. Die herrschenden Wirtschaftswissenschaften hätten ihre Herkunft, ihren Namen und – damit zusammenhängend – ihr Ziel aus den Augen verloren – aus Sicht des Autors das gute Leben für alle oder eben eine am Gemeinwohl orientierte Ökonomie, die auch so in zahlreichen Verfassungen festgeschrieben sei.
Im dritten Abschnitt widmet sich Felber dem politischen Einfluss der Mainstream-Wirtschaftswissenschaften – er spricht von „Econocracy“, einer „Herrschaft der Ökonomen“ (S. 176). Hier finden auch Seitenhiebe gegen den Wirtschaftsnobelpreis, der eigentlich gar kein Nobelpreis, sondern ein „Reichsbankpreis“ (S. 166) sei, sowie die Untersagung der österreichischen Schulbehörden einer Nennung des Autors in einem Wirtschaftskundelehrbuch Platz (aufgrund heftiger Proteste von Universitätsprofessoren musste Felbers Name aus dem Buch gestrichen werden; doch mittlerweile existiere ein weiteres Lehrbuch, in der auf seinen Namen und die Gemeinwohlökonomie Bezug genommen werde, so der Autor, der an der Wirtschaftsuniversität seinen Lehrauftrag verloren, dafür aber solche an mehreren anderen Instituten sowie eine Forschungsstelle am IASS Potsdam erhalten hat).
Kapitel vier widmet sich „zentralen Glaubensinhalten“: Wirtschaftswachstum als Ziel, egoistisches Menschenbild, Verabsolutierung von Wettbewerb, Ausspielen von Markt und Staat sowie schließlich Kritik am von gesellschaftlichen Verpflichtungen befreiten Eigentumsbegriff. Der Band schließt mit 12 Vorschlägen für eine plurale Ökonomik und Lehre, darunter ein „aristotelischer Eid für Ökonom*innen“ (S. 264), der dazu verpflichtet, „mindestens zehn unterschiedliche Theorieschulen zu kennen.“ (ebd.)
Felber trifft die Schwachstellen und Auslassungen der herrschenden Wirtschaftswissenschaften und er fordert zu Recht – wie Helge Peukert – eine „plurale Ökonomik“. Seine Bücher zur „Gemeinwohlökonomie“ oder zum „Fairhandel“ sind selbst bestens für die Lehre geeignet. Der in der vorliegenden Abhandlung abschließend eingeführte Begriff einer „heiligen Wirtschaftswissenschaft“ schwächt freilich deren wissenschaftliche Seriosität, (S. 255) , auch wenn damit ein „holistischer“, also ganzheitlicher Ansatz gemeint ist.