Oded Galor

The Journey of Humanity

Ausgabe: 2023 | 2
The Journey of Humanity

Ein Buch, um die Welt ein kleines bisschen besser zu verstehen – so lässt sich „ The Journey of Humanity“ des Ökonomen Oded Galor in einem Satz zusammenfassen. Galor liefert eine spannende und kurzweilige Lektüre mit anschaulichen Beispielen, etwa: Reisten Pilger:innen aus der Zeitenwende in das zukünftige Jerusalem des Jahres 1800, dann würden sie die Stadt problemlos wiedererkennen. Landeten sie stattdessen im Heute, wenige hundert Jahre später, wäre das nicht der Fall – zu groß wäre der technische, wirtschaftliche und humanistische Fortschritt, zu groß die Veränderung.

Zur malthusianischen Falle

Aufbauend auf einem historischen und technologischen Rückblick stellt Oded Galor in einem ersten Schritt die malthusianische Falle vor, laut der ein höheres Ausmaß an verfügbaren Lebensmitteln zwar zu technischem Fortschritt führte, aber nicht zu höherem Wohlstand: „Die meiste Zeit bildete das Wechselspiel zwischen technologischem Fortschritt und menschlicher Population einen sich ständig verstärkenden Kreislauf. [...] Technologien verbesserten sich, Bevölkerungen wuchsen, soziale Eigenschaften, die zu den neuen Technologien passten, verbreiteten sich – und diese Veränderungen lösten weiteren Fortschritt aus, und zwar in allen Zivilisationen, auf sämtlichen Kontinenten, zu allen Zeiten. Und doch blieb ein zentraler Aspekt der conditio humana weitgehend unverändert: der Lebensstandard.“ (S.163)

Den Weg aus eben dieser Falle ebnete die industrielle Revolution. Durch die Entkoppelung des technologischen Fortschritts vom Bevölkerungswachstum beförderte sie den Stellenwert der Bildung: Qualifizierte Arbeitskräfte wurden benötigt, um die neu vorhandenen Maschinen zu bedienen. Dass freilich Bildung nur einen wesentlichen Pfeiler zur Herausbildung eines höheren Wohlstands darstellte, steht außer Frage – Galor zieht hierfür das Bild eines Räderwerks des Wandels heran, in dem viele kleine Elemente ineinandergreifen. Er nennt den technologischen Fortschritt, die Zusammensetzung der Bevölkerung und die Bevölkerungsgröße gepaart mit einer wachsenden Bedeutung des Humankapitals als entscheidend für das Herbeiführen eines Wandels.

Ungleichheiten und ihre Ursprünge

In einem zweiten Schritt widmet sich Galor stärker den Ungleichheiten und ihren Ursprüngen. So wurde das rasche Wachstum im 19. Jahrhundert nicht nur durch den technologischen Fortschritt ermöglicht, sondern auch durch geografische und institutionelle Gegebenheiten, welche unter anderem die Ausbeutung kolonialisierter Länder zur Folge hatten. Diese Ausbeutung wiederum prägte institutionelle Rahmenbedingungen und Ungleichheiten, die bis heute bestehen.

Ein spannender Denkansatz

Galor legt mit diesem Buch einen spannenden, neuen Denkansatz vor, der eine einheitliche Wachstumstheorie zur Erklärung der Entstehung von Ungleichheit umfasst: „Zukunftsorientierung, Bildung und Innovation ebenso […] wie die Gleichstellung der Geschlechter, Pluralismus und Respekt vor Unterschiedlichkeit“ (S. 311) ist Galor zufolge der Schlüssel zum allgemeinen Wohlstand. Zumindest, sofern es der Menschheit gelänge, ihre Existenzgrundlage, die Natur, nicht durch den erhöhten Wohlstand zu zerstören.