Der Zusammenhang von Bildung und der Klimakrise steht im Mittelpunkt des Sammelbandes „Creating Green Citizens“. Während der Titel noch optimistisch stimmt, sind einige der Beiträge Anlass, sehr viele grundsätzliche Fragen an unser Bildungssystem zu stellen. Mehr noch, unsere Idee der Bildung muss angesichts der drohenden Folgen der Erderwärmung in Frage gestellt werden.
Wie frei handeln, wenn sich das Fenster einer gestaltbaren Zukunft schließt?
Hennig Schluß und Johanna Klär skizzieren zwei gegensätzliche Logiken. Die Logik der Naturwissenschaften und die Logik der Praxen der Freiheit, wie auch die Bildung eine ist. In der Bildung bestimmen wir handelnd unsere Zukunft. Zugleich sei aber unsere Zukunft in bestimmter Weise so klar prognostizier- und damit vorhersehbar, wie bislang kaum je in der Menschheitsgeschichte. „Wenn wir unser Verhalten nicht grundlegend, radikal, global und beispiellos ändern, wird die Zukunft des Planeten so aussehen, dass gesellschaftliches Leben wie wir es in der ‚ersten Welt‘ schätzen gelernt haben, nicht mehr möglich sein wird.“
(S. 107) Dieser enge Handlungskorridor passe aber nicht zu unseren Erwartungen an eine freiheitliche Praxis, wie sie auch der Pädagogik innewohne. „Wie bleiben wir eine Praxis der Freiheit, die auf die Zukunft bezogen ist, wenn das Fenster einer gestaltbaren Zukunft sich immer weiter zu schließen scheint?“ (S. 112)
Hanno Su führt diesen zentralen Gedanken in seinem Beitrag weiter aus: „For education, the planetary emergency can function as a counterintuitive warning that we should not adopt a technological mindset whatsoever. The solution to the planetary emergency cannot be to fix the world (with technological innovations), because this would only prolong the mindset of the mastery of nature, which created the problem in the first place. Instead, we need to ‚fix‘ ourselves, our behaviour, and our societal infrastructure.“ (S. 162) Das bedeute, dass man zwischen einer wissenschaftlichen Ökologie und einer politischen Ökologie unterscheiden müsse. Wissenschaftliche Ökologie biete Wissen über technologischen Lösungen für die Krise. Politische Ökologie müsse hingegen in Richtung Aktivismus im Sinne der Freiheit und zugunsten neuer Anfänge wirken. (S. 162)
In einem Beitrag von Sonja Herzog wird das Thema Nachhaltigkeit im Generationenvergleich untersucht. Zu diesem Zweck führte die Autorin im Jahr 2018 qualitative Interviews durch. Herzog bezeichnet die Gruppe der in den Jahren 2000 bis 2020 Geborenen als „Die Handelnden“, die Generation davor (1980 bis 2000) als „Teilweise Handelnde“, die Jahrgänge 1960 bis 1980 als „Theoretiker:innen und teilweise Handelnde“ und die Jahrgänge 1940 bis 1960 als „Theoretiker:innen“. Die Analysen ergaben, dass die jüngere Generation deutlich stärkeres Handlungswisse zeigte (beispielsweise in Fragen der Ernährung). Die ältere Generation reflektiert die Klimakrise kritisch und setzt sie zu historischen Erfahrungen in Bezug. Andererseits nimmt sie kaum an Demonstrationen im Zusammenhang mit der Klimakrise teil. (S. 253)
Spannende Auseinandersetzung mit den Bereichen Bildung und Klimakrise
Der Band umfasst noch viele weitere spannende Impulse zur Frage des Umgangs der Bildung mit der Klimakrise. Eine wichtige Rolle spielt immer wieder der Zusammenhang zwischen Klimakrise und Demokratie. Im ersten Teil des Buches werden Grundlagen und Ausgangspunkte der Debatte diskutiert. Der zweie Teil steht unter dem Übertitel „Bildung, Demokratie und der Klimawandel: Konstellationen und Kontroversen.“ Im dritten Teil wird „Partizipation und intergenerationale Gerechtigkeit“ in den Mittelpunkt gerückt.