Reformperspektiven für die Landesverwaltungen

Ausgabe: 1996 | 2

Es knistert im Gebälk der öffentlichen Verwaltung. Abgesehen vom nach wie vor vorhandenen verstaubten Image, wird in Zeiten knapper werdender staatlicher Ressourcen ein Umbau des öffentlichen Sektors nach betriebswirtschaftlichen, leistungs- und nutzerinnenorientierten Gesichtspunkten immer dringender. Das Grundproblem aller einschlägigen Reformanstrengungen dabei ist, "daß Verwaltungsreform nicht auf dem Reißbrett konzipiert und dann konsistent umgesetzt werden kann. Vielmehr geht es darum, der Lokomotive in voller Fahrt die Räder zu wechseln". Der vorliegende Sammelband vereinigt Beiträge zu Grundsatzfragen (der "aktivierende Staat", politisches Anforderungsprofil der Verwaltungsreform u.a.) und strategische Überlegungen (Leitbildentwicklung, Privatisierung, Dezentralisierung, Controlling ...) mit konkreten Erfahrungs(zwischen)berichten. Johannes Pflug erläutert ausführlich die verschiedenen Etappen der Verwaltungsstrukturreform in Nordrhein-Westfalen, wo bereits 1981 eine" Kommission zur Gesetzes- und Verwaltungsvereinfachung" eingesetzt wurde. Auf Empfehlung dieser Kommission wurden 1984 240 Gesetze und Verordnungen aufgehoben. Neben der Entbürokratisierung war aber auch die Stärkung der örtlichen kommunalen Selbstverwaltung Ziel des Vorhabens. 1993 wurden weitere 506 Vorschriften untersucht; von diesen sollen 66 wegfallen und bei weiteren 156 Standards abgebaut bzw. reduziert werden. Birgit Gantz-Rathmann berichtet über neue Steuerungs- und Managementformen in der Sozialpolitik Niedersachsens. Mit der "Sozialbilanz Niedersachsen " wurde 1993 ein Projekt gestartet, das die Effizienzsteigerung der Verwaltung mit sozialpolitischen Zielen verbindet. Voraussetzung dafür ist eine intensive Kooperation von politischer Führung, Sozialverwaltung und Wissenschaftlern. Schwerpunkt des Projektes ist die Evaluation landespolitischer Programme. In ausgewählten Politikfeldern wurden exemplarisch Abläufe und Steuerungsinstrumente untersucht und Reformansätze identifiziert (z. B. Benchmarking in der Drogenpolitik, inneradministrative Koordination in der Psychiatrie). Ziel dieses Projektes ist die Verbindung von Effizienz und Gerechtigkeit, also eine Sozialpolitik, "die auf Knappheit innovativ reagiert." In einem abschließenden Resümee bleiben die Herausgeber durchaus realistisch: "Personen und Gruppen, die innerhalb einzelner Institutionen Modernisierungsaktivitäten entwickeln, sind immer wieder frustriert, weil sie früher oder später an die Grenzen übergeordneter Regelungen stoßen; eindeutige politische Entscheidungen, die auf langfristig wirksame, umfassende Veränderungen abzielen, werden mit Rücksicht auf die unterschiedlichen Interessengruppen vielfach vermieden." Dennoch gäbe es Anlaß zu Optimismus: "Die Verknappung öffentlicher Mittel ohne eine Steigerung der Effizienz im Einsatz dieser Mittel führt zum Ende der Politik. Der politische Druck in Richtung auf eine Modernisierung wird also steigen." Bleibt die Frage, unter welchen Bedingungen das “Parkinsonsche Gesetz", gleichsam die "Schwerkraft der Verwaltung", außer Kraft gesetzt werden kann. P. A.

Den Staat neu denken. Reformperspektiven für die Landesverwaltungen. Hrsg v. Fritz Behrens ... Berlin: Ed. Sigma, 1995.400 S.