Im Spannungsfeld zwischen ungebrochenem Vertrauen auf und radikaler Ablehnung eine(r) weitere{n) "Technisierung der Gesellschaft" ist nicht nur der einzelne, sondern auch die Wissenschaft gefordert. Die Komplexität des Gegenstandes ruft zunehmend auch Disziplinen auf den Plan, die sich bisher - wenn überhaupt - nur am Rande mit Fragen der Technik befaßt haben. Obgleich die Schattenseiten des Fortschritts zu einer grundlegenden Bedrohung unserer Lebensgrundlagen und zu einer umfassenden Krise unserer Wert- und Zielvorstellungen geführt haben, sind philosophische, vor allem auch psychologische Analysen dieser Thematik bisher eher selten. So hat denn der vorliegende Band, in dem 23 Autoren sich im interdisziplinären Diskurs dieses wichtigen Themas annehmen, in der Tat "Uraufführungscharakter".
Erwartungsgemäß stehen im ersten (philosophischen) Abschnitt allgemeine normative Fragen, aber auch praktische Ansätze zu einer Berücksichtigung von Werten in die Beurteilung technischer Zusammenhänge im Mittelpunkt. Wie elementare Bedürfnisse - Gesundheit, Sicherheit, Umweltqualität oder kulturelle Identität - mit ökonomischen Maximen der Rentabilität, Funktionsfähigkeit und Perfektion auf einander abgestimmt werden können, ist Gegenstand mehrerer Beiträge. Psychologische Perspektiven kommen im Bereich der Technikfolgenabschätzung und der Sicherheitsproblematik zur Sprache.
Neben wissenschaftstheoretischen Überlegungen werden auch politische" Belange im Umfeld der Technikbeurteilung berücksichtigt. Wenn man bedenkt, daß Mitte der neunziger Jahre mehr als die Hälfte aller Arbeitnehmer an Bildschirmen arbeiten werden, wird die Notwendigkeit umfassender Konsensbildung in diesem Bereich deutlich. Vor allem die im dritten Teil erörterten soziologischen Aspekte machen deutlich, daß "die Technik heute zu wichtig ist, als daß man sie allein den Technikern überlassen dürfte", wenngleich eine sinnvolle Diskussion nur unter Einbeziehung technischer Verfahren und Systeme geführt werden kann.
Im Hinblick auf die (kaum noch kalkulierbare) Rasanz der technologischen Entwicklung, der wir teils bewundernd, teils ohnmächtig, meist aber noch gleichgültig gegenüberstehen, ist auch die Wissenschaft aufgefordert, "über die tastenden Anfangsschritte schnell hinauszukommen und zu einer geregelten gegenstands- wie problembezogenen-pragmatischen Zusammenarbeit... zu gelangen. Der vorliegende Band ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung.
Technikbewertung. Philosophische und psychologische Perspektiven. Hrsg. v. Walter Bungard und Hans Lenk. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1988. 383 S. (suhrkamp taschenbuch wissenschaft; 684) DM 18,-/sfr 15, 10/öS 140,40