Burkhard Wehner konnte sich bereits in den vergangenen Jahren durch eine Reihe von Publikationen als Vordenker der Politik- und Sozialwissenschaften einen Namen machen. In seinem jüngsten Buch stellt er seine umfassende sozioäkonomische Gesellschaftstheorie anhand verschiedener Politikbereiche konkret dar. Das" Elend der Ökonomie" besteht laut Wehner in der unzulänglichen Unterstützung der Politik durch die Wirtschaftswissenschaften. Sowohl die Detailbeobachtung der Wirtschaft als auch die Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Nachbardisziplinen würden vernachlässigt, wodurch die Entwicklung der heute so notwendigen realitätsnahen und konkreten Handlungsempfehlungen für die Politik verhindert wird. Wehner ortet vielmehr Konzeptlosigkeit bei den drängendsten Problemen der modernen Gesellschaft: Arbeitslosigkeit, soziale Umverteilung, schleppendes Wirtschaftswachstum, Integration von Ökonomie und Ökologie.
Im Zentrum der Gesellschaftstheorie des Autors stehen vier Leitmotive: das Wettbewerbsparadigma, das Paradigma der sozialen Gerechtigkeit, das Prinzip der Transparenz und Simplizität sowie das Prinzip der demokratischen Selbstbestimmung "Staat und Politik müssen sich", so Wehner, "im Spannungsfeld von Wettbewerb und Gerechtigkeit mit relativ einfachen Normen und Handlungsanweisungen behaupten ... " Hierzu müsse vor allem der realen Komplexität der heutigen Lebensverhältnisse durch relativ einfache theoretische Denkmuster begegnet werden. Der zweite Teil des Buches befaßt sich mit der "Logik der Politik" und beinhaltet die Anwendung des Modells auf verschiedene Politikbereiche. Solidarität in der modernen Leistungsgesellschaft wird hier ebenso thematisiert wie Zukunftsperspektiven der demokratischen Staatsorganisation, der Finanzpolitik und der zwischenstaatlichen Beziehungen. Bemerkenswertes findet sich im Nachwort des Buches: das Bekenntnis zu einer alltagssprachlichen Form des wissenschaftlichen Diskurses und die Erkenntnis, daß die Brauchbarkeit und Relevanz geseilschaftstheoretischer Aussagen letztlich entscheidend von dieser "Übersetzung" bestimmt werden.
H. S.
Wehner; Burkhard: Die Logik der Politik und das Elend der Ökonomie. Grundelemente einer neuen Staats- und Gesellschaftstheorie. Darmstadt. Wiss. Buchges., 1995. 326 S., DM 49,80 / sFr 50,80 / öS 389,
